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Finanzüberschüsse Erneut haben viele Kantone zu pessimistisch budgetiert

Finanziell geht es den meisten Kantonen derzeit gut. Und: Eine Mehrheit schloss im letzten Jahr besser ab als budgetiert. Ein Muster, das sich seit längerem zeigt.

Zwar hält sich der unerwartete Geldsegen diesmal in Grenzen. Dies, weil die Kantone 2024 kein Geld der Nationalbank erhalten haben. Dass trotzdem so viele Kantone besser abgeschnitten haben als budgetiert, sei bemerkenswert, sagt Lukas Rühli von der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse – und es sei nicht das erste Mal.

Das Muster zeige sich seit etwa zehn Jahren. «In den letzten Jahren haben wir kumuliert Differenzen um die acht Milliarden Franken gesehen. Das ist schon sehr viel», findet Rühli. Für 2025 erwartet er nochmals grössere Differenzen zwischen Budget und Staatsrechnung als im letzten Jahr. Denn die Nationalbank schüttet da wieder Geld an die Kantone aus.

Blick auf die Stadt Zürich
Legende: Inzwischen haben alle Kantone ihre Staatsrechnung für das vergangene Jahr veröffentlicht. Die meisten haben Überschüsse erzielt. Zusammengezählt betragen sie mehr als eine Milliarde Franken. Keystone/Michael Buholzer

Überschüsse seien zwar erfreulich, sagt Rühli. Aber wenn Kantone wiederholt zu pessimistisch budgetierten, sei das ein Problem. Die Steuerzahler hätten so Geld bezahlt, das der Kanton nicht benutzt habe, um staatliche Leistungen für sie bereitzustellen. Die Steuerzahler haben also zu viel bezahlt, zugunsten von künftigen Generationen. Das sei nicht generationengerecht, kritisiert Rühli.

Eine Frage, die Avenir Suisse auch schon aufgeworfen hat: Sollen die Kantone das Geld aus den unerwarteten Überschüssen an die Bevölkerung zurückgeben – etwa mit sogenannten Steuerrückvergütungen? Rühli fände das sinnvoll: «Das könnte in der Steuerschlussrechnung mit einem entsprechenden Steuerrabatt bewerkstelligt werden.» Damit wäre für Rühli garantiert, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahlerinnen nicht zu viel zahlen müssten.

Erfreuliche Überschüsse...

Ernst Stocker, Finanzdirektor des Kantons Zürich und Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und -direktoren, findet die Idee von Steuerrückvergütungen zwar kreativ. Er relativiert die Situation aber grundsätzlich.

Ein stabiler Staatshaushalt, tiefe Verschuldung und eine starke Währung sind die beste Widerstandskraft gegen Teuerung.
Autor: Ernst Stocker Finanzdirektor des Kantons Zürich

Der Kanton Zürich etwa habe einen Überschuss von 150 Millionen Franken erzielt. Das sei knapp ein Prozent des Kantonshaushalts. So schlecht seien ihre Schätzungen also nicht. Er könne nicht für alle Kantone sprechen, schränkt Stocker ein. «Mit Blick auf den Kanton Zürich sind wir aber glücklich über das positive Ergebnis. Es liegt nicht weit von unseren Schätzungen entfernt.» Budgetiert hatte der Kanton Zürich ein Defizit von 319 Millionen Franken.

Stocker sagt zudem, man müsse doch froh sein um stabile Finanzen – in wirtschaftlich und sicherheitspolitisch unsicheren Zeiten: «Ein stabiler Staatshaushalt, tiefe Verschuldung und eine starke Währung sind die beste Widerstandskraft gegen Teuerung. Zudem können damit Unwägbarkeiten abgefedert werden, die einmal auf uns zukommen könnten.»

...die sinnvoller verwendet werden könnten?

Und doch werfen die guten Abschlüsse der Kantone eine weitere Frage auf: Könnten die Kantone nicht mehr Aufgaben übernehmen, die heute beim Bund liegen? Wo dieser doch unter Spardruck ist. Rühli findet zwar, dass die Verteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Kantonen nicht von deren finanziellen Lage abhängen sollte.

Doch die Diskussion müsse trotzdem geführt werden. Denn der Bund habe in letzter Zeit viele Aufgaben übernommen, die eigentlich nicht auf die Ebene Bund gehörten. Rühli nennt hier etwa die Kita-Finanzierung oder Investitionen in den regionalen Personenverkehr.

Die guten Abschlüsse der Kantone sind also erfreulich. Es stellt sich aber die Frage, ob das Geld nicht woanders sinnvoll eingesetzt werden könnte.

Echo der Zeit, 11.04.2025, 18 Uhr

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