Die Fischer sind enttäuscht. Von Politikern, die seit Monaten die Restwasserbestimmungen von Wasserkraftwerken lockern wollen.
«Wir hatten das Gefühl, das ist erledigt», sagt Radi Hofstetter, Präsident des Fischereiverbands Graubünden. «Mit diesem Angriff der Kraftwerklobby haben wir nicht gerechnet», sagt er zur «Rundschau».
«Das ist eine Katastrophe»
David Bittner, Geschäftsführer des Schweizerischen Fischereiverbandes, geht noch weiter: «Das ist eine Katastrophe, damit wurde eine rote Linie überschritten.»
Die Fischereiverbände kämpfen seit Jahren für einen besseren Gewässerschutz und mehr Restwasser (siehe Box). «Den Fischen geht es schlecht», sagt Bittner. «Dreiviertel der einheimischen Fische sind ausgestorben, vom Aussterben bedroht oder gefährdet.»
Nationalrat stimmte für Lockerung
Im März stimmte der Nationalrat mit einer Stimme Unterschied für die Sistierung der Restwasserbestimmungen. Dies bei der Debatte zum Mantelerlass Strom, der festlegt, wie die Schweiz ihre Energieziele erreichen soll.
Konkret sollen bis mindestens 2035 bei Erneuerungen von Konzessionen die Restwassererhöhungen wegfallen.
In der Sommersession wird das Thema nun ab Donnerstag im Ständerat behandelt. Der Bündner FDP-Ständerat Martin Schmid setzt sich hier für eine Aufweichung der Restwasserbestimmungen ein.
«Berggebiete sind immer für Wasserkraft eingestanden»
«Man darf doch nicht die heimische Wasserkraft schädigen, wenn der Bundesrat ein Gas- und Ölkraftwerk bauen lässt oder man Kohlestrom importiert», sagt Schmid.
Schmid sitzt selber im Verwaltungsrat bei zwei Bündner Stromproduzenten. Er setze sich aber vor allem für die Interessen des Kantons ein: «Berggebiete sind immer für Wasserkraft eingestanden.»
Zur Diskussion stellen Schmid und seine Verbündeten nicht nur die Restwasserbestimmungen bis 2035. Sie rechnen bis 2050 oder noch weiter, wenn die grosse Zahl von Neukonzessionierungen ansteht. «Wenn wir einmal Strom im Überfluss haben, sieht die Lage anders aus», sagt er.
«Kein sauberer Strom mehr»
Unterstützung für die Fischer gibt es vom WWF. Gewässerschutzexperte Christopher Bonzi kritisiert, dass der Natur viel Schaden zugefügt werde, aber nur wenig Strom gewonnen werde.
Gemäss Zahlen des Bundes bringt die Massnahme bis 2035 jährlich 200 Gigawattstunden Strom.
«So viel baut die Photovoltaik in zwei Monaten dazu», rechnet Bonzi. «Wenn man Wasserkraft mit so schlechten Umweltbedingungen betreibt, dann ist das auch kein sauberer Strom mehr.»
Axpo hält sich bedeckt
Grösste Produzentin von Wasserkraft in der Schweiz ist die Axpo. Zum Ringen um das Restwasser äussert sich der Konzern zurückhaltend. «Wie die Rahmenbedingungen beim Restwasser aussehen, ist grundsätzlich Aufgabe der Politik», sagt Axpo-Mediensprecher Noel Graber.
Dazu, ob die Axpo von den Lockerungen profitieren könnte, sagt Graber: «Für uns ist vor allem wichtig, dass man – wenn es so weit – für jedes Kraftwerk schaut: Was sind die Anforderungen von Umwelt- und Naturschutz, wo liegt der Nutzen für die Stromproduktion. Und dann einen Kompromiss finden.»