In den vergangenen Monaten haben Bundesrat und Asylbehörden mehrmals angekündigt, junge Flüchtlinge aus Griechenland direkt in die Schweiz zu holen. Das Programm betreffe unbegleitete, minderjährige Asylsuchende, die bereits Verwandte in der Schweiz hätten, hiess es. Inzwischen sind erste Gesuche für eine Einreise in die Schweiz positiv beantwortet worden, wie SRF-Inlandredaktor Max Akermann weiss.
SRF News: Reagiert die Schweiz auf die aktuelle Verschärfung der Flüchtlingssituation in Griechenland und der Türkei?
Max Akermann: Ja, es tut sich ein bisschen etwas. Inzwischen seien die ersten Gesuche von unbegleiteten, minderjährigen Asylsuchenden (Umas) aus Griechenland eingetroffen und positiv beantwortet worden, heisst es beim Staatssekretariat für Migration (SEM).
Bislang können weniger als zehn junge Flüchtlinge in die Schweiz einreisen.
Dabei handelt es sich um weniger als zehn junge Flüchtlinge, die in die Schweiz einreisen können, weil hier bereits Verwandte von ihnen leben. In der Schweiz wird ihr Asylgesuch dann weiter bearbeitet. Wie viele Jugendliche so insgesamt in die Schweiz geholt werden, ist dabei völlig offen.
In Griechenland warten insgesamt über 100'000 Flüchtlinge auf einen Asylentscheid, Tausende versuchen über die türkisch-griechische Grenze auf EU-Gebiet zu gelangen. Was ist mit diesen Menschen?
Sie sind und bleiben in einer verzweifelten Situation. Sie müssten sich in den griechischen Asylprozess eingliedern, doch Athen hat angekündigt, mindestens einen Monat lang keine Asylgesuche mehr zu bearbeiten – was völkerrechtswidrig wäre.
Die Schweiz unterstützt 60 Jugendliche in Griechenland.
Laut dem SEM werden die Asylsuchenden in Griechenland aber immerhin nach wie vor registriert. Die Schweiz finanziert inzwischen ein zweites Zentrum für unbegleitete Flüchtlinge in Griechenland. Insgesamt werden so 60 Jugendliche unterstützt – ein Tropfen auf den heissen Stein.
Wächst angesichts der dramatischen Situation der Flüchtlinge an der türkisch-griechischen Grenze sowie im Norden Syriens der Druck in der Schweiz, mehr zu tun?
Ja – allerdings auf beiden Seiten des politischen Spektrums. So ist die Flüchtlingskrise in der Fragestunde des Nationalrats gleich mehrfach Thema. Politikerinnen und Politiker aus dem links-grünen Lager und aus kirchlichen Kreisen wollen wissen, wie und wo mehr Solidarität der Schweiz mit notleidenden Flüchtlingen möglich sei. Gleichzeitig will der Fraktionschef der SVP wissen, ob der Bund systematische Grenzkontrollen prüfe und allenfalls Schnelltests an der Grenze wegen des Coronavirus ins Auge fasse.
Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.