Noch ist die Dorfstrasse von Airolo menschenleer. Doch die Stunden der Stille sind gezählt – «dank dem Bau der zweiten Gotthard-Autobahnröhre», sagt der langjährige ehemalige Gemeindepräsident von Airolo, Franco Petrini. Er steht zwischen Autobahn und Bahnhof.
Noch sei dieses Gelände mit Strassen und Viadukten verbaut. Doch der Bau der zweiten Autobahnröhre ermögliche es, dass Airolo aufgewertet werde. Denn mit dem Aushubmaterial des Tunnels erhält die Autobahn hier einen kilometerlangen Deckel. «Unser Dorf erhält so viel mehr Platz», sagt Petrini.
Naturpark statt Autobahn
100 Millionen Franken lassen sich Bund und der Kanton Tessin diesen Autobahndeckel kosten. Petrini erzählt von den Plänen, wie dieser Raum künftig genutzt werden soll.
Ein Naturpark inklusive See soll daraus werden. «Im Winter kann man langlaufen – ein Entspannungsort für uns und für die Touristen.» Auf der anderen Seite Richtung Gotthardmassiv gibt es Platz für neue Gebäude wie eine Turnhalle oder eine Wellness-Anlage.
Tunnelarbeiter wohnen in Airolo
Die Gemeinde Airolo verwandelt sich in den nächsten Jahren – und sie wolle aktiv an dieser Verwandlung mitgestalten, betont Petrini. So habe man mit dem Bund ausgehandelt, dass der Grossteil der Arbeiter der zweiten Gotthardröhre bis zur Fertigstellung in rund acht Jahren in einem leerstehenden Hotel untergebracht werden soll.
«Es ist doch schade. Baracken aufzustellen, die danach wieder abgerissen werden – wenn wir hier leerstehende Gebäude haben», sagt Petrini. Wenn die Arbeiten am Tunnel 2022 so richtig losgehen, werden deshalb bis zu 300 zusätzliche Personen in Airolo leben. Sie werden dort einkaufen und essen, ist Petrini überzeugt. «Wir hoffen, dass wir dadurch auch ein paar neue Arbeitsplätze schaffen können.»
Faido liegt 20 Zugminuten südlich von Airolo. Auch hier stellt sich die Frage, wie es gelingt, neue Arbeitsplätze zu schaffen, damit die Menschen im Tal bleiben oder gar neue hinzukommen.
Der ehemalige langjährige Gemeindepräsident Roland David sagt, gewisse staatliche Arbeitsplätze könnten hierher verlegt werden, zum Beispiel Universitätsinstitute. Aber: «Wir wollen keine Industrie, die die Natur hier möglicherweise beeinträchtigt.»
Es geht aufwärts in Faido
David ist oberster Förster des Tessins. Die noch intakte Natur rund um Faido und die Tatsache, dass es hier untypisch für das Tessin kaum Zersiedelung gibt, sei der Trumpf der Gemeinde. In den letzten Jahren seien vermehrt wieder Familien nach Faido gezogen. «Hier ist der Wohnraum günstig und Lärm gibt es nur wenig. Faido soll ein Ort sein, um zu verweilen», sagt David. «Ein Ort mit hoher Lebensqualität.»
Der Werbespruch Davids scheint bereits ein Echo gefunden zu haben: «Wir haben keinen Bevölkerungsschwund mehr. Wir mussten sogar zwei neue Schulklassen schaffen», sagt der frühere Gemeindepräsident. Das seien klare Zeichen, dass es aufwärts gehe.
Es gibt Bewegung in der Leventina: Gut sichtbar ist das auch am Bau der neuen Eishalle Valascia direkt neben der Autobahn in Piotta. Denn die Eishalle des legendären Eishockey-Clubs Ambri-Piotta soll mehr sein als eine Eishalle. Sie soll künftig auch Eventhalle für Konzerte sein – so sollen Menschen in die Leventina gelockt werden, die in diesem Tessiner Bergtal möglicherweise noch gar nie Halt gemacht haben.