Wohl die meisten Schülerinnen und Schüler kennen das Gefühl am Morgen: Der Wecker läutet, die Schule ruft, doch eigentlich ist man noch viel zu müde und würde gerne ein paar Minuten länger im Bett bleiben.
Für die Basler SP-Grossrätin Franziska Roth ist klar, dass der Schulbeginn um 8 Uhr zu früh ist. Roth, die auch als Sozialpädagogin an einer Primarschule arbeitet, spricht aus Erfahrung und verweist auf mehrere Studien, wonach müde Schülerinnen und Schüler weniger lernfähig sind. «Die Studien zeigen, dass vor allem Jugendliche in der Pubertät zu früh aufstehen müssen und dadurch einen Schlafmangel haben», sagt Roth. Dies könne nicht nur zu Lernproblemen führen, sondern auch Folgen für die Psyche haben, wie zum Beispiel Depressionen.
Roth hat deshalb im Parlament einen Vorstoss eingereicht mit der Forderung, dass der Stundenplan in Basel-Stadt entsprechend angepasst werden soll. So soll der Schulbeginn ab der ersten Sekundarstufe um mindestens 30 bis höchstens 60 Minuten am Morgen verschoben werden, die Schule soll demnach frühestens um 08:30 Uhr beginnen.
Unterstützung erhält Roth von Christine Blume, Schlafforscherin am Zentrum für Chronobiologie der Uni Basel. «Längerer Schlaf am Morgen hat verschiedene positive Auswirkungen.» So hätten Studien gezeigt, dass die Jugendlichen weniger müde seien und weniger Koffein konsumierten. Zudem habe sich ihre Stimmungslage verbessert. Gerade in der Pubertät zeige sich eine Veränderung des Schlafverhaltens. So verschiebe sich das Schlaffenster nach hinten, sprich Jugendliche gehen später ins Bett.
Grundsätzlich sei ein späterer Schulbeginn prüfenswert, sagt Jean-Michel Héritier, Lehrer und Präsident der Freiwilligen Schulsynode, dem Dachverband der Basler Lehrerinnen und Lehrer. Héritier hat jedoch auch Bedenken: «Ein späterer Schulbeginn könnte zu einer Verdichtung des heute schon dichten Schultags führen.» Der Lehrplan sei heute schon recht voll und eine Verlegung der Schulstunden in den Nachmittag hätte Tücken.
So könnten die Schülerinnen und Schüler in den letzten Nachmittagsstunden müde und weniger aufmerksam werden oder zu spät in den Sportverein kommen. Eine Verschiebung des Schulbeginns müsse deshalb wohldurchdacht sein, so Héritier: «Man kann es drehen und wenden, wie man will. Man kann halt einfach nicht alles haben.»
Man kann es drehen und wenden, wie man will. Man kann halt einfach nicht alles haben.
Über mögliche negative Auswirkungen ist sich auch Franziska Roth bewusst. Sie schlägt deshalb vor, dass man an den Schulen die Digitalisierung noch mehr nutzt und die Schülerinnnen und Schüler selbständiger arbeiten. «Man könnte zum Beispiel ein Wochenziel erarbeiten und es den Kindern und Jugendlichen überlassen, ob sie diese Arbeiten am Morgen früh, am freien Nachmittag oder am Abend erledigen.»
Neu ist die Idee eines späteren Schulstarts indes nicht. Auch in anderen Kantonen und Gemeinden gab es in der Vergangenheit immer wieder Vorstösse und Versuche. So sollen in Gossau SG ab dem neuen Schuljahr im Sommer flexiblere Stundenpläne gelten. Die erste Schulstunde ist neu freiwillig. Der obligatorische Teil beginnt eine Stunde später als heute, nämlich um 08:30 Uhr
Auch im Kanton Bern wurde 2015 und 2016 ein Pilotprojekt lanciert. Hier war das Hauptziel, den ÖV am Morgen zu entlasten. Weitergeführt wurde das Projekt jedoch nicht. «Gegen eine starre zeitliche Stundenplanverschiebung nach hinten sprach unter anderem, dass ausserschulische Tätigkeiten der Schülerinnen und Schüler dadurch erschwert worden wären», heisst es auf Anfrage bei der Berner Bildungs- und Kulturdirektion.