Eine Türklinke greifen, herunterdrücken und die Tür öffnen: Das klappt bei Gabi Pozzi nicht. Die berufstätige Familienfrau ist auch bei ganz alltäglichen, scheinbar einfachen Dingen auf Hilfe angewiesen.
Erste Tests im Alltag
Seit einem Velounfall vor 16 Jahren ist sie vom fünften Halswirbel abwärts gelähmt. Vielleicht kann Gabi Pozzi aber schon bald etwas selbstständiger leben: mithilfe eines Roboterarms.
Die Berner Fachhochschule (BFH) forscht und tüftelt seit zwei Jahren an einem solchen Arm – und Gabi Pozzi darf ihn als erste Probandin ein paar Tage daheim testen. «Etwas vom Boden aufheben, einen Becher zum Mund führen und trinken, eine Tür öffnen. Das erhoffe ich mir.»
Steuerung per Tablet, Sprache oder Kinn
Gabi Pozzi ist eine von rund 15 Probandinnen und Probanden des Forschungsprojekts. Die Zusammenarbeit mit Tetraplegie-Betroffenen sei bei der Entwicklung des Roboterarms zentral, so Anja Raab, Leiterin Forschung im Departement Gesundheit bei der BFH. «Wir sind auf ihr Feedback angewiesen.» Nur so könne der Roboterarm stetig verbessert und angepasst werden.
Verbessert und angepasst wird der Roboterarm am BFH-Standort in Biel. Der Arm sei ein komplexes Gerät, sagt Ingenieur und Entwickler Raphael Rätz. «Richtig komplex» werde es, wenn das Gerät auf den Menschen treffe: «Dass das Zusammenspiel funktioniert, ist eine grosse Herausforderung.»
Die Bedürfnisse seien von Mensch zu Mensch unterschiedlich. «Je nach Beeinträchtigung wird der Roboterarm zum Beispiel über ein Tablet, die Sprache oder das Kinn gesteuert.» Derzeit arbeitet Raphael Rätz bereits an der nächsten Version des Hightech-Geräts. Der Arm könnte dereinst nicht nur Tetraplegikerinnen und Tetraplegikern helfen, sondern auch anderen Menschen.
«Der Roboterarm ist etwas umständlich»
Fünf Tage hat Gabi Pozzi den Roboterarm bei sich zu Hause getestet. Die Bilanz: gemischt. «Ich konnte verschiedene Sachen machen, die ich sonst nicht machen kann. Und ganz toll ist, etwas vom Boden aufzuheben», so die 62-Jährige.
Aber der Arm sei etwas umständlich. Dazu kommt: Es lief nicht alles rund. Es gab technische Probleme. Der Roboterarm hat bei Gabi Pozzi daheim einen Neustart gemacht und alle Einstellungen gelöscht. Trotzdem sind die Forschenden der Berner Fachhochschule positiv gestimmt: «Wir lernen nun bei jedem Probanden, jeder Probandin dazu.» Das Tüfteln und Forschen am Roboterarm geht also weiter.