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Freie Gewerbefläche Leere Büros füllen die Schweizer Städte

Knapp eine Million Quadratmeter Bürofläche stand Ende 2024 in den grossen Schweizer Städten leer. Und die Leerstände nehmen noch zu.

Ein Quadrat mit Seitenlängen von einem Kilometer: Eine solche Fläche gäbe es, würde man die leeren Büroflächen Ende 2024 in den fünf grössten Büromärkten der Schweiz – in den Städten Zürich, Genf, Bern, Basel und Lausanne – zusammenfügen. Und die Leerstände würden tendenziell zunehmen, sagt eine Studie des Immobilienberaters Jones Lang LaSalle (JLL). Das Büroangebot habe in den vergangenen Jahren nahezu stetig zugenommen. Im Verhältnis zu den wenigen Leerständen auf dem Wohnungsmarkt sei dies viel freie Fläche, erklärt Daniel Stocker von JLL. Im internationalen Vergleich weise die Schweiz trotzdem einen geringen Anteil auf.

Auf einer BAustelle in Zürich entstehen Büroflächen.
Legende: Grossbaustelle «HB Nord» beim Hauptbahnhof Zürich, 2018. Auf dem Areal sind 139 Wohnungen und rund 9050 Quadratmeter Büroflächen entstanden. Keystone/Christian Beutler

Mehr Leerbestände in den kommenden Jahren: «In den nächsten Jahren werden die Volumen jährlich wieder steigen», sagt Daniel Stocker von JLL, auch weil mehr Büroflächen gebaut würden. Damit rechnet auch Robert Weinert von Wüest Partner. Es gebe jedoch grosse regionale Unterschiede. Vor allem in Genf und Bern sollen markant mehr Büroflächen entstehen, so die Studie von JLL. Im Gegensatz dazu werde in Zürich und Basel bis 2027 wohl weniger gebaut als in den vergangenen Jahren. Dennoch würde in Zürich der Leerstand zunehmen, weil bestehende Flächen jetzt auf den Markt kämen.

Blick auf eine Fensterfassade des Primetowers in Zürich.
Legende: Leere Büroflächen im Prime Tower in Zürich. KEYSTONE/Christian Beutler

Mehr leere Büroflächen gleich mehr Probleme für Städte? Nicht unbedingt. In den Stadtzentren seien die Leerstände mit Ausnahme von Basel sehr tief und Büros an Top-Lagen immer gefragt, sagt Daniel Stocker von JLL. Neue Büroflächen würden eher am Stadtrand oder in Agglomerationen gebaut. Solange diese gut erschlossen, nachhaltig und auch für neue Arbeitsformen tauglich sind, seien solche Flächen gefragt. Die Leerstände würden sich jedoch verlagern. Nicht neue Büros stünden leer, sondern zunehmend ältere, peripher gelegene Gebäude, in welche investiert werden müsste und deren Umnutzung schwierig sei. Grössere Leerstände würden lokal in Agglomerationen oder am Stadtrand auftreten. Beide Immobilienexperten nennen die Flughafenregion Zürich als Beispiel.

Das Beispiel Bern: Wenn mehr Büroflächen gebaut werden

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Was neu gebaut werde, werde vom Markt absorbiert, sagt Hansmartin Amrein, Leiter Wirtschaftsamt der Stadt Bern. Bern habe eine gesunde, eine erwünschte Leerquote. Die brauche es, damit der Markt spiele.

Zudem bilden sich innerhalb der Stadt Cluster. Um das Inselspital zum Beispiel siedeln sich Unternehmen in Medizinbereich und Forschung an. Dabei spiele die inhaltliche Umgebung eine wichtige Rolle, wo Büros und Räume bezogen werden. Die Lage stehe dabei nicht mehr im Zentrum, erklärt Amrein.

Neue Büroflächen und Wohnraum schliessen sich nicht aus

Jeanette Beck, Stadtplanerin von Bern, sagt, Bern habe schon länger eine Dienstleistungszone geschaffen, in welcher eine gemischte Nutzung möglich sei. In dieser könne entweder eine Büronutzung umgesetzt werden, aber auch Wohnnutzung im hohen Anteil sei möglich. So habe Bern in solchen Zonen in den letzten Jahren bis zu 1200 Wohnungen dazu erhalten.

Verschärfen mehr Büroflächen die Wohnungsknappheit in den Städten? Eine für Arbeitskräfte attraktive Stadt sei auch als Wohnort gefragt, sagt Hansmartin Amrein, der Leiter des Wirtschaftsamtes der Stadt Bern. «Die guten Arbeitsplätze sind vielleicht sogar eine kleine Quelle der Wohnungsnot.» Aber Wohnungsknappheit und Leerstand bei Büroflächen dürfe man nicht gegeneinander ausspielen. Und leere Büros in Wohnungen umbauen, lindere die Knappheit nicht, sagt Daniel Stocker von JLL. Eine Umnutzung sei oft schwierig, unter anderem aus zonen- und baurechtlichen Gründen. Zudem müsse das für Investoren auch rentabel sein.

Hilft der runde Tisch des Bundesrats gegen Wohnungsknappheit? Auch der Bundesrat möchte die starren baugesetzlichen Vorschriften aufweichen und damit dem knappen Wohnraum in den Städten entgegenwirken. Hier passiere wenig, sagt die Stadtplanerin Jeanette Beck. «Die Diskussion auf höchster politischer Ebene tut gut», Veränderungen gingen jedoch langsam. Die Städte könnten nicht warten, bis sich «oben» etwas bewege. Sie müssten kreativ sein. Gewisse Bau- und Planungsgesetze müssten sich ändern, damit die Gesellschaft auch in Zukunft erhalte, was sie brauche. «Das ist die Kunst», sagt Hansmartin Amrein: Gesellschaftliche Veränderungen vorwegnehmen und gleichzeitig aktuelle Bedürfnisse und Probleme städteplanerisch lösen.

Tagesschau, 21.3.2025, 19:30 Uhr

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