«Wir haben in der Schweiz ein Manko, was die Freiheit der Menschen in den Grundrechten betrifft», stellt Richard Koller zu Beginn der «Abstimmungs-Arena» fest. Koller ist Präsident der Freiheitlichen Bewegung Schweiz und hat die Freiheits-Initiative lanciert. Auslöser war unter anderem die Corona-Pandemie: «Wir haben erlebt, dass die Freiheit der Menschen aufgrund von Massnahmen beschränkt wurde und sie nicht mehr am sozialen Leben teilhaben durften.»
Eingriffe hätten vor allem Menschen betroffen, die sich nicht impfen lassen wollten. Das Initiativkomitee fordert daher, dass für «Eingriffe in die körperliche und geistige Unversehrtheit» eine Zustimmung vorliegen muss. Zudem heisst es im Initiativtext: «Die betroffene Person darf aufgrund der Verweigerung der Zustimmung weder bestraft werden noch dürfen ihr soziale oder berufliche Nachteile erwachsen.»
Sind Grundrechte genügend geschützt?
Für die Gegner der Initiative ist klar: Das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit sei bereits heute durch die Verfassung garantiert. «Aber die Freiheit des Einzelnen hat Grenzen, wenn sie die Freiheit eines anderen beschränkt», betont Nationalrat Beat Flach. Deshalb sei es heute so, dass Grundfreiheiten eingeschränkt werden könnten, um vulnerable Personen zu schützen.
Ständerat Daniel Jositsch pflichtet bei: «Für die Eingriffe gibt es sehr strenge Voraussetzungen», etwa wenn eine gesetzliche Grundlage vorhanden sei. Diese Möglichkeit werde es auch bei einer Annahme der Initiative noch geben. «Das heisst, dass die Initiative entweder überflüssig ist oder ein Durcheinander in die Verfassung bringt.»
Alles andere als ein Durcheinander ist die Initiative für den Journalisten Philipp Gut: «Selten hat es eine Initiative gegeben, die so klar und einfach ist.» Dass Grundrechte immer wieder in Gefahr seien, habe sich in der Corona-Zeit ganz klar gezeigt. Darum sei es «logisch und selbstverständlich», die Bundesverfassung zu ergänzen.
Nein-Seite warnt vor unklaren Folgen
Auch wenn die Debatte rund um einen möglichen Impfzwang den Abstimmungskampf dominiere, gehe es ihm nicht nur darum, betont Initiant Roland Koller. Er versuche, eine Rechtsgrundlage zu schaffen zum Schutz der Menschen. Mögliche Gefahren sind laut Koller etwa Mikrochips, die sich Menschen teilweise bereits heute freiwillig implantieren lassen.
Die Gegenseite kritisiert, dass die Freiheits-Initiative keine klare Rechtsgrundlage schaffe. Nationalrätin Maya Bally fragt: «Wieso hat man den Initiativtext nicht klarer formuliert, wenn es anscheinend um Impfungen und Chips geht?» Dem stimmen Flach und Jositsch zu. Die Initiative könnte zu Rechtsunsicherheiten führen und unklare Folgen haben. So wäre laut der Nein-Seite unklar, ob die Polizei einer Person Blut für einen Alkoholtest entnehmen könnte, ohne deren Zustimmung.
«Wenn man mit der Rechtsunsicherheit argumentiert, dann finde ich das ein sehr schwaches Argument», kontert Gut. Auch Pirmin Schwander lässt das Argument nicht gelten. Denn schlussendlich «muss das Parlament eingehend diskutieren, was der Kerngehalt der Grundfreiheiten ist». Die Vorlage schaffe also keine Rechtsunsicherheit, sondern zwinge die Politik dazu, sich damit auseinanderzusetzen, wo die Hürden für Eingriffe in die Freiheit gesetzt werden sollten.
Am 9. Juni entscheidet die Stimmbevölkerung an der Urne.