- Der Bundesrat hat die Nachfolge von Markus Seiler geregelt: Brigadier Jean-Philippe Gaudin wird neuer Chef des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB).
- Aussenminister Ignazio Cassis hatte den bisherigen NDB-Chef Markus Seiler Ende letzten Jahres als Generalsekretär ins EDA geholt.
- Die Besetzung des vakanten Postens folgt unmittelbar auf den kritischen Bericht der Parlamentsdelegation im Spionagefall Daniel M.
Um das Anforderungsprofil des künftigen Chefs des Nachrichtendiensts war in den letzten Wochen und Monaten eine lebhafte Debatte entbrannt. Nun hat der Bundesrat die umstrittene Personalie geklärt: Jean-Philippe Gaudin, langjähriger Chef des militärischen Geheimdienstes, übernimmt ab 1. Juli 2018 die Führung des NDB.
Mit der Nomination besetzt Verteidigungsminister Guy Parmelin zwei Schlüsselpositionen des VBS mit Romands. Im Januar 2017 hatte der Bundesrat bereits den Walliser Philippe Rebord zum Armeechef ernannt.
Parmelin streicht internationale Vernetzung heraus
Vor den Medien in Bern sagte Verteidigungsminister Parmelin, dass der neue NDB-Chef über ein «solides internationales Netzwerk» verfüge: «Der Bundesrat erachtet es als grossen Vorteil, dass Gaudin von extern in den NDB eintritt, gleichzeitig die Themen aber schon von der militärischen Seite her sehr gut kennt.»
Als Patriot, der ich bin, ist das eine grosse Ehre. Es berührt mich zutiefst.
Gaudin seinerseits bedankte sich beim Bundesrat für das Vertrauen: «Als Patriot, der ich bin, ist das eine grosse Ehre. Es berührt mich zutiefst.» Die Jahre von 2008 bis 2015 als Chef des militärischen Geheimdienstes seien «aufregende Jahre» gewesen: In diese Zeit seien der Arabische Frühling, der Aufstieg des IS oder auch der Konflikt in der Ukraine gefallen.
«Jetzt will ich mich dieser herausfordernden, aber auch motivierenden Aufgabe stellen», so Gaudin. Die geostrategische Lage bleibe komplex. Der Nachrichtendienst sei der erste Schutzwall, um die Sicherheit der Schweiz zu gewährleisten. Er werde als NDB-Chef diskret auftreten und sich nicht ins mediale Scheinwerferlicht stellen.
Für Gaudin stellt der Terrorismus, namentlich der islamische Terrorismus, derzeit das grösste Sicherheitsrisiko dar. Gleichzeitig sei die Terrorgefahr in der Schweiz kleiner als etwa in Frankreich, Grossbritannien oder den USA, da die Schweiz nicht in internationalen Konflikten involviert und keine Atommacht sei.
Mit Blick auf das neue Nachrichtendienstgesetz, das dem Geheimdienst grössere Kompetenzen bei der Überwachung zugesteht, versicherte Bundesrat Parmelin, dass die neue Aufsicht sehr gut funktionieren werde. Für Gaudin verfügt der Geheimdienst nun über «genügende Mittel» – das könne sich aber mit neuen Technologien ändern.
Erschüttertes Vertrauen in NDB
Vor zwei Wochen hatte der kritische Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation zum Spionagefall Daniel M. die Besetzung des Kaderpostens erneut ins Blickfeld gerückt. Auch der Datendiebstahl durch einen Mitarbeiter des NDB hatte in den letzten Jahren für Unruhe gesorgt.
Sicherheitspolitiker aus dem linken Lager forderten eine Persönlichkeit «von aussen», um das Vertrauen in den NDB wiederherzustellen.
Die diversen Affären helfen nicht – aber Nachrichtendienst ist ein riskantes Metier. Und nicht immer gewinnt man.
Mit Blick auf den Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation sagte Gaudin, er habe davon Kenntnis genommen: «Ich werde in den nächsten Wochen und Monaten mehr Informationen bekommen und sehen, was wir intern tun müssen, um uns zu verbessern.»
Gaudin will Arbeit des NDB besser vermitteln
Zudem müsse die Bevölkerung besser darüber informiert werden, wie der NDB arbeite: «Es ist eine Frage der Kommunikation. Die diversen Affären helfen nicht – aber Nachrichtendienst ist ein riskantes Metier. Und nicht immer gewinnt man.» Das sei auch bei ausländischen Nachrichtendiensten nicht anders.
Abschliessend machte Guy Parmelin, der ebenfalls aus der Waadt stammt und Gaudin seit langem kennt, klar: «Meine persönliche Beziehung zu Herrn Gaudin hat keine Rolle bei der Besetzung des Postens gespielt.» Es sei ausschliesslich um die Qualifikationen gegangen.