In der Schweiz könnten sich bis jetzt schätzungsweise rund 50 Prozent der Menschen mit Omikron infiziert haben. Und mit dem Wegfall der Massnahmen Mitte Februar schien es nur eine Frage der Zeit, bis die Fallzahlen wieder steigen.
Klarer Trend: Jetzt, zwei Wochen später, ist dies deutlich zu sehen. Die Fallzahlen aufgrund der Tests sind aber mit mehr Unsicherheit denn je behaftet; denn es lassen sich offensichtlich viele Menschen nicht mehr testen, auch wenn sie krank sind. Das zeigt die rekordhohe Positivitätsrate von über 40 Prozent, vier von zehn Tests sind also positiv. Das deutet auf eine hohe Dunkelziffer hin, auf viele Infektionen, die nicht in der Statistik erscheinen. Der Anstieg könnte also unbemerkt auch bereits seit mehreren Tagen stattfinden. Darauf deuten auch die Corona-Daten aus dem Abwasser hin. Diese sind zwar nicht immer leicht zu interpretieren, aber zusammengenommen wird das Bild deutlich: Die Zahl der infizierten Menschen steigt wieder klar an.
BA.2 mischt mit: Der Anstieg hat wohl zwei Ursachen. Einerseits die weggefallenen Massnahmen, andererseits BA.2, die Schwestervariante von Omikron. Diese setzt sich immer mehr durch, die aktuellen Sequenzierungsdaten, die zwei Wochen alt sind, zeigen, dass BA.2 schon über 30 Prozent ausmacht – und bis heute dürfte das schon erheblich mehr sein. BA.1, das «ursprüngliche» Omikron, wird also immer mehr verdrängt. Das sorgt für eine zusätzliche Beschleunigung der Ansteckungen, denn BA.2 ist noch leichter übertragbar als BA.1. Ein Zahlenbeispiel: In einem fiktiven Haushalt mit zehn Personen steckt jemand mit BA.1 drei Personen an, mit BA.2 aber vier.
Spitäler haben Omikron verkraftet: Was heisst das nun? Die gute Nachricht ist, dass BA.2 in der realen Welt offenbar nicht stärker krank macht, entgegen ersten Studien aus dem Labor. Die neue Untervariante von Omikron ist zwar ansteckender, verursacht aber keine höhere Zahl an schweren Verläufen. Und auch Reinfektionen sind selten: Wer das «ursprüngliche» Omikron gehabt hat, kriegt kaum noch BA.2. Und auch in den Spitälern sieht es gut aus: Seit Ende Dezember ist die Zahl der Covid-19-Patientinnen und -Patienten auf den Intensivstationen fast kontinuierlich gesunken, sie hat sich in dieser Zeit von über 300 mehr als halbiert. Das heisst, die Spitäler haben die rekordhohe Omikron-Welle gut wegstecken können, sie hat wenig neue Patienten auf die Intensivstation gebracht.
Geschützt dank hoher Immunität: Doch ein Blick nach Hongkong zeigt: Omikron ist alles andere als harmlos. Trifft es auf eine Bevölkerung, die erst wenig Viruskontakt gehabt hat und eine tiefe Impfquote aufweist, kann auch Omikron zu zahlreichen Todesfällen führen. In Hongkong ist bei den über 80-Jährigen nur jede zweite Person geimpft. Und wegen der bislang geringen Fallzahlen gibt es kaum eine Immunität. In der Schweiz ist das deutlich anders – mehr Genesene und eine höhere Durchimpfung. Darum werden wir die Omikron-Welle wohl gut überstehen, auch wenn die Fallzahlen jetzt noch einmal ansteigen.