Viele Basler Stuben sind im Winter dank Müll wohlig warm: Die Fernheizung wird seit Jahrzehnten primär durch die Kehrichtverbrennungsanlage KVA gespeist. Ergänzt wurde die KVA mit zwei Holzkraftwerken, die Schnitzel aus regionalen Wäldern verheizen.
Jetzt geht die sogenannte Dekarbonisierung einen Schritt weiter: Beim Bahnhof SBB im Gundeldinger Quartier wird erstmals in der Schweiz ein Pelletheizwerk gebaut. In Skandinavien gibt es bereits solche. Die Industriellen Werke Basel IWB haben die Öfen denn auch in Schweden bestellt.
Dafür wird das bestehende markante Heizwerk von 1982 mit seinem hohen Kamin neben den Geleisen komplett umgebaut: Hinein kommen zwei grosse Pelletöfen, die zusammen 30 Megawatt Leistung bringen sollen. Wenn sie im Winter 2024/2025 ans Netz gehen, sollen sie gegen neun Prozent der gesamten Basler Fernwärme erzeugen. Ausgebaut wurden dafür zwei der fünf alten Gasöfen, als blosse Notreserve stehen bleiben die drei übrigen.
Dieses Heizwerk ist eine jener drei Anlagen, die im Winter den Spitzenbedarf abdecken: dann, wenn die konstante Leistung aus der KVA plus den beiden Holzkraftwerken nicht reicht für die ganze Stadt. Dafür nutzten die IWB bisher Erdgas. Gasöfen können bei Bedarf sehr schnell ein- und ausgeschaltet werden. Pelletöfen sind fast so schnell, Holzschnitzelanlagen jedoch träger.
Neuer grosser Player auf dem Pelletmarkt
Unklar ist heute allerdings noch, woher die Pellets für Basel angeliefert werden. Das Heizwerk verbraucht an einem durchschnittlichen Heiztag rund 200 Kubikmeter Pellets. Zusammengerechnet sind dieses sechs bis sieben Prozent aller Pressholzstäbchen, die derzeit in der Schweiz verbraucht werden.
Wenn eine Nachfrage da ist, gehen wir davon aus, dass sich auch ein Angebot entwickeln wird.
Das neue Werk wird demnach ein Player mit einer grossen Nachfrage. Wie sich dies auf den Markt auswirkt, bleibt abzuwarten. «Wenn eine Nachfrage da ist, gehen wir davon aus, dass sich auch ein Angebot entwickeln wird», sagt IWB-Sprecherin Jasmin Gianferrari. Was die Pellets kosten werden, kann sie noch nicht sagen. Neben dem Preis gehe es auch um Nachhaltigkeit: Beim Einkauf werde dann die gesamte Lieferkette betrachtet.
Auch dieses Projekt ist von Auswirkungen der Pandemie und des Ukraine-Krieges betroffen: Zum einen sind die Baukosten um bis zu 15 Prozent abgestiegen auf aktuell rund 25 Millionen Franken. Zum anderen hat es rund zwei Jahre Verspätung.
Man rechnet mit rund 1 bis 1.5 Prozent Kostensteigerung der Fernwärme mit der Dekarbonisierung.
Immerhin seien die Preisschwankungen wegen der Energiekrise bei Pellets ein Vielfaches kleiner ausgefallen als bei Gas, sagt Gianferrari. Der Umstieg von Gas auf Pellets werde preislich nicht enorm viel ausmachen. Man müsse das Ganze betrachten; auch anderes werde ja teurer: «Man rechnet mit rund 1 bis 1.5 Prozent Kostensteigerung der Fernwärme mit der Dekarbonisierung.»
Pellets besser geeignet als Holzschnitzel
Dass die IWB trotz aller Unwägbarkeiten auf Pellets statt regionale Holzschnitzel setzen, begründet der für Produktionsanlagen zuständige Benedikt Gratwohl mit zwei Punkten: Für die genormten Pellets reiche einfachere Technik als für Holz, das im Wald geschnitzelt werde. Zudem sei die Energiedichte von Pellets dreimal so hoch, was auch das nötige Lagervolumen reduziere.