Tief hängen die Wolken zwischen Katzenstrick und dem Höhronen, aus dem grauen Himmel nieselt es hinab auf die Ebene von Rothenthurm im Kanton Schwyz. Nicht gerade das beste Wetter für einen Spaziergang durch das Hochmoor. Doch Bastien Amez-Droz schmunzelt: «Für das Moor ist das Wetter perfekt.»
Denn ein Moor bleibe nur am Leben, wenn es einen Überschuss an Wasser gibt, erklärt der Moor-Spezialist der Pro Natura. Wie ein Schwamm müsse es sich vom Herbst bis zum Frühling vollsaugen können, um dann während des Sommers seine Vegetation mit genügend Feuchtigkeit versorgen zu können.
Der Abbau von Torf rächt sich heute
Doch in Rothenthurm ist dies längst nicht mehr der Fall: Die mit rund 1100 Hektaren grösste zusammenhängende Moorlandschaft der Schweiz ist vielmehr dabei, langsam aber sicher auszutrocknen.
Das hat viel damit zu tun, dass hier bis in die 1940er-Jahre im grossen Stil Torf abgebaut wurde, der dann als Brennstoff zum Einsatz kam. Gleichzeitig wurde ein Grabensystem durch die Landschaft gezogen, um das Moor zu entwässern.
Das rächt sich nun: Der feuchten Landschaft – und damit einem komplexen Ökosystem – geht das Wasser aus. Und hier kommt wieder Bastien Amez-Droz ins Spiel.
Es soll hier wieder nässer werden, und damit auch vielfältiger.
Pro Natura will nämlich dafür sorgen, dass das Moor von Rothenthurm sein Wasser besser speichern kann. «Es soll hier wieder nässer werden, und damit auch vielfältiger», sagt Amez-Droz.
Holzwände sollen Wasserabfluss stoppen
Das bedeutet: Das Wasser muss am Abfliessen gehindert werden. Im Rahmen eines Regenerationsprojekts werden nun alte Entwässerungsgräben gesperrt. Ein Bagger rammt zudem Holzpalisaden in den Boden – so tief, bis sie auf festen Untergrund stossen.
«Seit 2014 messen wir hier das Grundwasser und die Abflüsse, wir kennen die Hydrologie des Moors. Auf dieser Grundlage haben wir diese Sperren entwickelt», sagt Fabian Peter, Bauleiter des Projekts.
Gearbeitet werden darf zwar nur während jeweils zwei Monaten im Herbst – die restliche Zeit ist entweder der Boden zu empfindlich oder die Vögel brüten ihren Nachwuchs aus. Dennoch sollen in den kommenden drei Jahren aber 18 solcher Holzpalisaden im Boden versenkt werden. Und es dem Moor ermöglichen, wieder zu wachsen.
Das Moor von Rothenthurm ist symbolträchtig: Es ist der Grund dafür, dass die Schweiz als bislang einziges Land den Schutz der Moore in der Verfassung garantiert.
Hier begann der Moorschutz der Schweiz
Auslöser dafür waren die Pläne des damaligen Militärdepartements, das in den 1970er-Jahren auf der Moorlandschaft einen Waffenplatz mitsamt Kaserne für 500 Soldaten plante. Die Bauern weigerten sich jedoch, ihr Land an den Bund zu verkaufen und wehrten sich gerichtlich gegen Enteignungsverfahren.
Gleichzeitig lancierten sie 1983 mit dem WWF eine «Initiative zum Schutz der Moore», die ein Verbot von Veränderungen «an besonders schönen und national bedeutenden Mooren» forderte.
Nach einem gehässigen Abstimmungskampf nahm die Stimmbevölkerung die Initiative mit 57.8 Prozent an – gegen den Willen von Bundesrat und Parlament.
Der Waffenplatz ist seither vom Tisch, der Moorschutz garantiert – dennoch steht es weiterhin kritisch um Moorlandschaften. Auch wegen der zunehmend warmen und trockenen Sommer.
Doch es gibt auch Erfolgsmeldungen: Im bernischen Les Pontins führte Pro Natura ein ähnliches Projekt durch wie nun in Rothenthurm – nach zwei Jahren begann das dortige Moor wieder zu wachsen.