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Gemeinden mit Asyl-Pool-System Zürcher Verbund belohnt Gemeinden, die mehr Geflüchtete aufnehmen

Seit Anfang Jahr erhalten Weinländer Gemeinden wieder Geld, wenn sie mehr Flüchtlinge aufnehmen als sie müssten. Das System ist aussergewöhnlich.

Beinahe jede dritte Gemeinde in der Schweiz nimmt die Betreuung von Asylsuchenden als eines ihrer Hauptprobleme wahr. Das hat eine Befragung des Schweizerischen Gemeindeverbands kürzlich gezeigt.

Wir haben viel zu wenig Wohnraum.
Autor: Sergio Rämi Präsident des Gemeindepräsidentenverbandes Bezirk Andelfingen

Im Zürcher Bezirk Andelfingen sei die Lage besonders angespannt, sagt Sergio Rämi, der dem Gemeindepräsidentenverband des Bezirks vorsteht: «Wir haben viel zu wenig Wohnraum.» In ländlichen Gebieten gebe es generell viel weniger Mietwohnungen, die sie zur Unterbringung von geflüchteten Menschen nutzen können, als in städtischen Gebieten.

Dazu kommt, dass zum Bezirk Andelfingen aussergewöhnlich viele kleine Gemeinden zählen. In 17 der 20 Gemeinden im Bezirk wohnen weniger als 2000 Einwohnerinnen und Einwohner. Rämi ist auch Präsident der Gemeinde Truttikon. Die kleine Gemeinde an der Grenze zum Kanton Thurgau zählte Ende 2024 nur ungefähr 460 Einwohnerinnen und Einwohner. «Bei uns gibt es gar keine Mietwohnungen, die ich für Asylbewerber freihalten könnte», sagt Rämi.

Bestrafen und belohnen

Auf Anfang Jahr hat der Verbund der Weinländer Gemeinden deshalb ein spezielles Belohnungssystem wieder eingeführt, das er vor über zehn Jahren bereits einmal eingesetzt hatte. Ein System, das zumindest im Kanton Zürich einmalig ist.

Gemeinden, die mehr Geflüchtete aufnehmen, als ihnen der Kanton vorschreibt, erhalten einen Bonus. Dieser beträgt bis zu 15’000 Franken pro Person und Jahr, wie die Andelfinger Zeitung und der «Landbote» berichten.

Mit dem Bonus-Malus-System haben wir wenigstens auf finanzieller Ebene ein leichtes Druckmittel.
Autor: Sergio Rämi Präsident des Gemeindepräsidentenverbandes Bezirk Andelfingen

Umgekehrt müssen Gemeinden, welche die Vorgaben nicht erfüllen, bereits seit längerem in einen gemeinsamen Topf einzahlen. Abgaben für fehlende Plätze kennen auch Kantone wie Luzern oder Aargau.

Rämi sagt: «Mit dem Bonus-Malus-System haben wir wenigstens auf finanzieller Ebene ein leichtes Druckmittel.» Vorschriften könnten sie den Gemeinden trotzdem keine machen, wie sie «das Problem mit den Asylsuchenden» lösten.

Widerstand aus der Bevölkerung

Alle 21 Gemeinden, die zum Verbund zählen – neben den 20 Gemeinden des Bezirks Andelfingen ist dies auch die benachbarte Gemeinde Dägerlen –, seien einverstanden gewesen, im Asylwesen wiederum auf das System zu setzen. «Der Beschluss war einstimmig.»

Wir müssen ja diejenigen belohnen, die mehr machen als nötig.
Autor: Sergio Rämi Präsident des Gemeindepräsidentenverbandes Bezirk Andelfingen

Die Gemeinderäte sträubten sich nicht gegen die Aufnahme von Asylsuchenden. Immer wieder komme es jedoch vor, sagt Rämi, dass die Bevölkerung Projekte für Asylunterkünfte ablehne. In Henggart beispielsweise wurde der Einsatz von Wohncontainern durch Rekurse blockiert.

Container
Legende: Container-Unterkünfte wie diese in Stäfa werden von Einwohnerinnen und Einwohnern immer wieder kritisiert. Keystone/Ennio Leanza

Das System mit den Ausgleichszahlungen zwischen den verschiedenen Gemeinden funktioniere für den Bezirk Andelfingen gut. «Wir müssen ja diejenigen belohnen, die mehr machen als nötig, und diejenigen ein wenig bestrafen, die zu wenig machen.»

Nur wenige Gemeinden nehmen mehr Flüchtlinge auf

Aktuell nehmen nur vier der 21 Verbundspartner mehr Flüchtlinge auf, als sie müssten. Welche, will Rämi nicht verraten. Er verweist auf den Datenschutz.

Jörg Kündig, Präsident des Verbandes der Gemeindepräsidien des Kantons Zürich, begrüsst die Speziallösung aus dem Bezirk Andelfingen. «Ausgleichszahlungen sind ein probates Mittel, um gemeinsame Lösungen entstehen zu lassen.»

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 10.3.2025, 17:30 Uhr ; 

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