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Unterbringung Asylsuchende Höchststand an Flüchtlingen: Kanton Aargau hält an Notlage fest

  • Die Flüchtlingszahlen seien auf einem Höchststand, warnt der Kanton Aargau.
  • Deshalb gilt die Notlage im Kanton weiterhin.
  • Aber: Das seit Januar 2023 im Aargau geltende Notrecht läuft aus.
  • Der Kanton kann somit weniger rasch und flexibel Asylunterkünfte eröffnen.

    Am Wochenende sorgte Claudia Kratochvil, Direktorin des Gemeindeverbands, für Schlagzeilen. In der «NZZ am Sonntag» warnte sie: «Wenn es so weitergeht, dann droht ein Kollaps des Schweizer Asylsystems.» Viele Gemeinden wüssten kaum mehr, wo sie Asylsuchende unterbringen sollen. Zudem schliesse der Bund Bundesasylzentren und wolle bei der Integration sparen, das belaste die Gemeinden und Kantone.

Jetzt doppelt der Kanton Aargau nach. Der viertgrösste Schweizer Kanton gab an einer Medienkonferenz bekannt, dass die Asylzahlen im Januar einen weiteren Höchststand von 9572 Asylsuchenden erreicht hätten.

Zwei Jahre nach der Ausrufung der Notlage sei die Situation weiterhin schwierig: «Die Situation ist nicht nur angespannt, sondern die Kapazitäten unseres Kantons sind überlastet, in den Bereichen Unterbringung, Betreuung, Volksschule, Integration und Sicherheit», sagt der zuständige Regierungsrat Jean-Pierre Gallati (SVP) gegenüber SRF.

Gallati fordert, analog seiner Partei, dass weniger Flüchtlinge in die Schweiz kommen, mehr Flüchtlinge die Schweiz verlassen oder die Asylverfahren beschleunigt werden.

Unterirdische Unterkünfte

Der Aargau betreibt sieben Notunterkünfte mit 970 Plätzen, darunter auch unterirdische Unterkünfte, in geschützten Operationsstellen oder Zivilschutzanlagen. Dies, weil oberirdische Unterkünfte fehlten. Unterirdische Lösungen seien gerade für Familien aber nicht ideal.

Sieben Notunterkünfte im Aargau

Was allerdings nicht mehr gilt, ist die «Verordnung über die Bewältigung sozialer Notstände betreffend schutzsuchende Personen». Dieses Notrecht war auf zwei Jahre befristet. Es kann nicht beliebig verlängert werden. Für den Kanton heisst das: Ohne Notrecht braucht er mehr Vorlaufzeit für neue Unterkünfte.

Kanton Solothurn entspannter?

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Migrationsamt
Legende: SRF

Nicht alle Kantone sehen die Lage so prekär wie der Aargau. Im Nachbarkanton Solothurn heisst es auf Anfrage: «Die Situation im Kanton Solothurn hat sich leicht entspannt.» Aktuell betreibe der Kanton fünf regionale Asylzentren mit einer Gesamtkapazität von 660 Plätzen für die Erstunterbringung. Derzeit seien 454 dieser Plätze, also knapp 70 Prozent belegt.

Der Kanton Solothurn zum Beispiel kann auf grössere Gebäude zurückgreifen und dort viele Geflüchtete auf einmal unterbringen.

Der kantonale Sozialdienst kann also nicht mehr einfach Aufenthalts-Container aufstellen oder unterirdische Notunterkünfte eröffnen. Es gibt keine verkürzten Baubewilligungsverfahren und auch keinen erleichterten Brandschutz mehr.

Platznot in Gemeinden

Auch die Gemeinden seien am Anschlag. Sie übernehmen die Asylsuchenden vom Kanton nach einem Verteilschlüssel. Sechs Aargauer Gemeinden konnten 2024 nicht genug Plätze für die zugewiesenen Flüchtlinge finden. Sie mussten dem Kanton eine Ersatzabgabe zahlen. Auch hätten viele Gemeinden ihre Sozialdienste aufstocken müssen. Sie müssen auch dafür sorgen, dass geflüchtete Kinder die Schule besuchen können.

So funktioniert die «Verteilung»

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Flüchtlingsfamilie
Legende: Keystone/Gaetan Bally
  • Neu in der Schweiz ankommende Geflüchtete werden zuerst in Bundesasylzentren untergebracht. Dort wird – im Idealfall – das Asylverfahren abgehandelt. Das sollte maximal 140 Tage dauern.
  • Wenn sie den Kantonen zugewiesen werden, ist das Asylverfahren idealerweise abgeschlossen. Die Personen sind meist als Flüchtlinge vorläufig aufgenommen (Status F). Auch Personen mit Schutzstatus S werden den Kantonen zugewiesen. Es gibt aber auch Personen, deren Asylentscheid noch aussteht, die den Kantonen zugewiesen werden.
  • Der Aargau muss 8.1 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen.
  • Sobald das Asylverfahren von Personen abgeschlossen ist, fallen sie im Aargau in die Zuständigkeit der Gemeinden. Der Kanton «verteilt» sie von den kantonalen Unterkünften dann weiter auf die Gemeinden.

Das alles koste Geld, bestätigt der Stadtpräsident von Aarau und Vizepräsident der Gemeindeammänner-Vereinigiung Hanspeter Hilfiker (FDP). «Es ist wichtig, dass gut verteilt wird. Grosse Gemeinden sind stark belastet.» In den letzten drei Jahren musste Aarau dreimal so viele Flüchtlinge unterbringen; 420 statt wie gewohnt 150.

Wie sind die Aussichten?

Die Aussichten für 2025 seien schwer abzuschätzen, heisst es im Aargau. Das hänge von der Entwicklung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, dem Machtwechsel in Syrien und weltweiten Fluchtbewegungen ab. «Ein erneuter rascher Anstieg von Asylsuchenden bleibt möglich.»

Das SEM hilft den Kantonen künftig ein wenig

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Reto Kormann, Mediensprecher des Staatsekretariats für Migration (SEM) sagt, dass die Lage angespannt bleibe, auch wenn die Zahlen leicht rückläufig seien.

«Wir haben schon gewisse Massnahmen ergriffen, zusätzliches Personal angestellt. Wir sind guten Mutes, dass wir weiter Gesuche abbauen können», so Kormann gegenüber SRF.

Es seien einfach viele Menschen, die zu uns geflüchtet sind. «Es ist uns bewusst, dass die Kantone stark belastet wurden und es dürfte wohl noch anhalten.»

Das SEM werde aber einen Teil der Asylsuchenden künftig in den Bundesasylzentren «lassen», zum Beispiel Menschen aus der Ukraine, die noch auf den Asylentscheid warten müssten. «Das kann etwas Entlastung für die Kantone bringen.»

Bleibe es so, sei die Belastung für Kanton und Gemeinden zu hoch.

Ende Januar gibt der Bund die möglichen Flüchtlingsszenarien fürs 2025 bekannt.

SRF 4 News, 13.1.2025, 16 Uhr ; 

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