Lange Schlangen. Vor allem viele junge Menschen, die warten. Dieses Bild hat den Sommer in der Stadt Bern geprägt. Urheber: Jan Kamarys. Der Besitzer des Nachtclubs Le Ciel eröffnete in seinem Club ein Schnelltest-Zentrum, damit sich das Partyvolk vor dem Ausgang testen lassen kann. Der Andrang war riesig, auch von Menschen, die nicht feiern wollten. Heute führt Kamarys neun Corona-Testzentren in verschiedenen Kantonen und hat über 100 Mitarbeitende. Doch er verdiene sich nicht eine goldene Nase, sondern diene der Allgemeinheit, sagt der Berner im Interview.
SRF News: Sie kamen auf die Idee, selbst ein Testzentrum zu eröffnen direkt in Ihrem Club. Ideen haben viele, Sie haben sie aber auch umgesetzt. Was gab Ihnen den Antrieb und den Mut?
Jan Kamarys: Das hat für mich nichts mit Mut zu tun. Wir mussten ja etwas machen, dass der Club wieder läuft. Ich hatte gar keine andere Wahl.
Mittlerweile führen Sie neun Testzentren in der ganzen Schweiz – da haben Sie doch sicher auch ein gutes Geschäft gemacht?
Alles begann mit der Idee für den eigenen Club. Dann kam die Anfrage auch bei anderen Clubs, dann kamen Sportvereine, Festivals und wir haben gemerkt, da gibt es eine grosse Nachfrage. Es wurde immer mehr. An diesem Punkt haben wir uns überlegt: Wenn es so ein grosses Bedürfnis gibt, aber kein entsprechendes Angebot, müssen wir dieses Angebot natürlich schaffen.
Also eine unternehmerische Überlegung?
Eine unternehmerische Überlegung, ja, aber auch eine aus der Überzeugung heraus, dass wir damit vielen Branchen helfen können. Ich weiss selbst, wie hart es ist, wenn die Leute nicht mehr in den Club kommen, weil sie sich nicht testen lassen können.
Da gibt es tatsächlich viele Clubs, die Ihnen dankbar waren für die günstigen Testkapazitäten. Auf der anderen Seite gab es aber auch Kritikerinnen und Kritiker, die sagten, Sie würden sich eine goldene Nase verdienen. Wie reagieren Sie auf solche Vorwürfe?
Das prallt an mir ab. Weil das, was ich tue, kann jede und jeder in der Schweiz tun. Wenn jemand sagt, ich verdiene zu viel Geld, dann finde ich, müsste man aber noch ganz woanders ansetzen, zum Beispiel ganz oben bei den Impfstoffherstellern. In unserer Gesellschaft ist der Verdienst oft ein Thema, wenn es jemanden betrifft, der «einer von uns» ist – ein normaler Mensch und nicht eine Firma. Dann gibt es Diskussionen. Hingegen, wenn eine Firma Profit macht, die bereits sonst vier Milliarden Gewinn macht – das ist dann weit weg und in einer anderen Sphäre. Ich wiederhole mich: Grundsätzlich kann das, was ich mache, jeder tun. Und viele tun es auch.
Grundsätzlich kann das, was ich mache, jeder tun.
Ich habe mit meiner Firma sehr viel Gutes erreicht. Meine persönliche Überzeugung ist, dass jedes Individuum selbst über eine Impfung entscheidet. Es gibt in der Schweiz keinen Impfzwang. Und deshalb habe ich hier ein Test-Angebot geschaffen für diejenigen, die Tests brauchen. Die Spielregeln, die legt schlussendlich aber das Bundesamt für Gesundheit fest.
Haben Sie sich schon an Ihr neues Leben als Testzentrum-Betreiber gewöhnt?
Ich habe im letzten Jahr wahnsinnig viel gelernt. Es war eine sehr spannende Zeit. Ich persönlich wünsche mir dennoch, dass das Testen bald aufhört und wir wieder normal leben können. Solange das aber nicht möglich ist, wollen wir mit unserer Firma dazu beitragen, dass wir trotz Pandemie so normal wie möglich leben können.
Das Gespräch führte Martina Koch.