Einschliessen, wer sich ausgeschlossen fühlt – das soll etwa der Stern ermöglichen: Politiker*innen – dieser sogenannte Genderstern ist in den vergangenen Jahren angewandt worden und hat gleichzeitig für hitzige Debatten gesorgt. Auch weitere Zeichen wie der Doppelpunkt finden Verwendung oder die tiefe Linie, der Gap.
Bundeskanzlei: Doppelnennung oder «neutral»
Die Bundeskanzlei hat dazu jüngst folgende Weisung publiziert: «Die Bundeskanzlei ist sich bewusst, dass Menschen, die vom herkömmlichen binären Geschlechtermodell nicht erfasst werden, auch in einer Sprache, die ebenfalls nur zwei Geschlechter kennt, nicht gleich repräsentiert sind wie Frauen und Männer.»
Die Weisungen der Bundeskanzlei
Das Anliegen verstehe sie, hält die Bundeskanzlei weiter fest. Doch aus ihrer Sicht sind typografische Mittel wie der Genderstern, der Doppelpunkt, der Gender-Gap und der Gender-Mediopunkt «nicht geeignet, diesem Anliegen gerecht zu werden». Zum einen leisteten sie nicht, was sie leisten sollten, zum anderen verursachten sie eine ganze Reihe von sprachlichen Problemen, so die Bundeskanzlei.
Das bedeutet, dass statt Politiker*innen die Doppelnennung «Politikerinnen und Politiker» gewählt werden soll. Oder – wo möglich – eine neutrale Formulierung. Das generische Maskulinum – die männliche Form, die alle meint wie «der Politiker» oder «der Bürger» – ist entsprechend nicht zulässig. Der Genderstern ist also – kaum aufgegangen – schon wieder verglüht.
Das lässt bürgerliche Jungpolitiker kühl. Es gebe genügend Alternativen, stellt der St. Galler SVP-Nationalrat Mike Egger fest: Die Bundesverwaltung tue schon einiges. Beispielsweise könne nach Paarformen geschrieben werden, oder es könnten geschlechterabstrakte oder geschlechtsneutrale Formen verwendet werden: «Damit sollte eigentlich der ganzen Sache Rechnung getragen sein.»
Paarformen und geschlechterabstrakte oder geschlechtsneutrale Formen können verwendet werden.
Sein Ratskollege aus der FDP, Andri Silberschmidt, sagt, jeder und jede sollten so schreiben, wie sie wollten. Zum Ausblick sagt der Zürcher Nationalrat: «Ich gehe davon aus, dass wir noch nicht am Ende des Lateins sind und noch viele und kreative Vorschläge kommen werden, wie man alle Minderheiten integrieren kann.» Jedoch werde es im Alltag wohl nicht immer praktikabel sein, schliesslich brauche es lesefreundliche Lösungen.
Ich gehe davon aus, dass wir noch nicht am Ende des Lateins sind und noch viele kreative Lösungen folgen.
Anders klingt es auf der Seite der politischen Linken. So bedauert die Baselbieter SP-Nationalrätin Samira Marti die Weisung: «Im ersten Moment ist es eine verpasste Chance. Viele Kantone setzen sich bereits mit diesem Thema auseinander. Auch die Universitäten warten auf die Bundeskanzlei und hoffen eigentlich auf eine bundesweite Lösung.»
Im ersten Moment ist es eine verpasste Chance. Auch die Universitäten hoffen auf eine bundesweite Lösung.
Ausserdem greife die Bundeskanzlei da vor, denn der Leitfaden werde bis Ende Jahr überarbeitet. Marti verlangt, dass Expertinnen und Experten aus dem Büro für Gleichstellung und aus dem Transgender-Network miteinbezogen werden.
Bundesrat verspricht Lösungen
Auf eine Klärung gedrängt hatte die Mitte-Fraktion in der Fragestunde des Parlaments vergangene Woche. Dabei zeigte sich, dass die Regierung neben sprachlichen auch sprachpolitische und rechtliche Probleme hinter den grafischen Zeichen sieht. Der Bundesrat stellte in Aussicht, dass die geschlechtergerechte Sprache überarbeitet werde und die Bundeskanzlei Lösungen suche. Um auch jene einzuschliessen, die sich weder als Frau noch als Mann verstünden.