Der Nationalrat diskutiert eine umfassende Solarpflicht: Zwingend Solarpanels bei neuen Häusern und zwingend Solarpanels, wenn ein Haus umgebaut wird. Dazu kommt eine Solar-Nachrüstpflicht für grössere, bestehende Gebäude, ausser für Wohngebäude.
Linke und Grüne für Solarpflicht
Es brauche eine solche Solarpflicht, sagt SP-Nationalräten Nadine Masshardt: «Das Potenzial ist riesig, das wissen Sie. Wenn wir nur schon die geeigneten Dächer mit Fotovoltaik ausrüsten würden, dann könnten wir doppelt so viel Strom produzieren wie alle AKW zusammen.»
Auch die Grünliberalen und ihr Präsident Jürg Grossen wollen die Solarpflicht: «Wenn Strom vor allem dort produziert wird, wo er verbraucht wird, ist das viel effizienter, als wenn er zentral und fern des Verbrauchers produziert wird.»
SVP: Solarpflicht «untragbar»
Auf der anderen Seite stehen Freisinnige und die SVP. Die Solarpflicht sei untragbar, gerade für junge Familien, sagen sie. Sie bringe im dunklen Winterhalbjahr zu wenig und koste Milliarden, weil die Stromnetze ausgebaut werden müssten für den vielen Solarstrom.
Mike Egger von der SVP droht: «Ich warne Sie abschliessend vor einem allfälligen Referendum, wenn Sie diesem Mist zustimmen.»
Das rechte Lager erhält vehemente Unterstützung vom Energieminister, SVP-Bundesrat Albert Rösti: «Es ist ein Zugriff des Staates auf privates Geld, wenn wir Private, die nicht einmal umbauen wollen, zu einer Investition verpflichten.» Auch Rösti warnt vor einer Volksabstimmung und einem Scherbenhaufen für die ganze Stromvorlage.
Verzicht auf Nachrüstung
Dann tritt Nationalrätin Gabriela Suter ans Rednerpult. Sie weist den Energieminister auf die Beschlüsse vom Montagabend hin: Der Nationalrat will künftig viel mehr erneuerbaren Strom. Suter fragt Rösti: «Haben Sie das Gefühl, dass wir diesen Ausbau ohne jegliche Solarpflicht erreichen?» Rösti sagt dazu: «Wir haben heute einen Zubau von Solarenergie jährlich bei einer Terawattstunde. Wenn sich das so weiter steigert, und mit den aktuellen Förderinstrumenten haben wir genügend Anreizsysteme.»
Die umfassende Solarpflicht wankt und so krebsen ihre Befürworterinnen zurück: Sie verzichten auf die Pflicht, alle bestehenden grossen Gebäude nachzurüsten. Nur noch bei grossen Umbauten und Dachrenovationen wären Solarpanels Pflicht.
Wir brauchen rasch mehr Strom für eine sichere Energiezukunft. Für dieses gemeinsame Ziel müssen alle etwas von ihrer Wunschvorstellung abrücken.
Diese Art von Solarpflicht trägt auch ein Teil der Mitte-Partei mit Nationalrätin Priska Wismer-Felder zum Beispiel: «Wir brauchen rasch mehr Strom für eine sichere Energiezukunft. Für dieses gemeinsame Ziel müssen alle etwas von ihrer Wunschvorstellung abrücken.»
Auch Parkplätze sollen überdacht werden
Tatsächlich findet sich am Schluss eine Mitte-Links-Mehrheit für die Solarpflicht bei allen neuen Gebäuden und bei grossen Umbau-Projekten. Auch grosse Parkplätze übrigens sollen künftig mit Solarpanels überdacht sein.
Am Montag hatte sich das bürgerliche Lager mit Abstrichen beim Naturschutz durchgesetzt, zugunsten der Stromproduktion. Am Dienstag war es ein Zwischensieg für Links-Grün. Das tönt nach einer Art Balance, doch die grosse Stromdebatte geht weiter.