Nach dem teilweisen Stillstand galt die Schweiz weltweit als eines der Länder, das die Corona-Pandemie am besten im Griff hatte. Doch vor zwei Wochen schnellten die Zahlen wieder nach oben. Erste Fälle wurden aus dem Ausland in die Schweiz getragen. Es kam zu Ansteckungen in Clubs und an Familienfeiern. Das Schreckgespenst «Zweite Welle» ging um.
Doch mittlerweile zeigt sich: Die Lage scheint sich zu stabilisieren, die Zahlen gehen sogar ganz leicht zurück. Im Schnitt der letzten 16 Tage kam es zu 88 neu registrierten Ansteckungen täglich.
Dass die Zahlen nicht stärker gestiegen sind, führt Gesundheitsminister Alain Berset auf das insgesamt recht gut funktionierende Contact-Tracing der Kantone zurück. Selbst wenn es nicht immer möglich ist, die Ansteckungsketten lückenlos zu verfolgen, zeige das Contact Tracing erste Erfolge. «Es funktioniert», mein Berset gegenüber SRF, «es erlaubt uns, die Situation mindestens im Moment unter dem Deckel zu halten.»
250 Fälle wären zu bewältigen
Verschiedene Epidemiologen halten es für möglich, dass man mit gezieltem Contact-Tracing die Fallzahlen in den nächsten Wochen sogar weiter reduzieren kann. Aber auch wieder steigende Fallzahlen sollten die Kantone bewältigen können. Laut dem Bund ist es möglich, mindestens 250 Ansteckungen pro Tag mit Contact-Tracing zu verfolgen und einzudämmen. Mindestens so lange sollte die Situation kontrollierbar bleiben. «Es muss auch funktionieren», sagt Alain Berset. «Die Alternative wäre, wieder Läden und andere Orte zu schliessen.»
Wir müssen für die nächsten Monate wirklich sehr flexibel bleiben.
Ob in nächster Zukunft trotz momentan recht stabiler Lage weitere Lockerungsschritte möglich sein werden, steht in den Sternen. Das Veranstaltungsverbot über tausend Personen gilt bis Ende August. Ob danach Grossanlässe wieder möglich sein werden, dazu will Alain Berset keine Prognose wagen angesichts stark steigender Fallzahlen in anderen Ländern. «Wir müssen für die nächsten Monate wirklich sehr flexibel bleiben», mahnt Berset. «Es kann alles passieren. Es gibt auch Länder, die eine schlechte Situation erleben. Wir wünschen uns das nicht.»
Bewährungsprobe kommt im Herbst
Berset bleibt also vorsichtig. Auch weil niemand voraussagen kann, wie sich die Rückkehr von Sommerferienreisenden auswirken wird. Und die Bewährungsprobe für das Contact-Tracing kommt laut dem Bundesamt für Gesundheit und verschiedenen Experten dann wohl spätestens im Herbst, wenn die Erkältungssaison losgeht. Dann wird sich zeigen, ob man auch bei sehr viel mehr Menschen mit Symptomen die Corona-Infizierten aufspüren und isolieren kann.