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«Get Home Safe» Nachfrage nach sicherer Begleitung in Schaffhausen ist sehr klein

Nach einem Vergewaltigungsfall haben junge Frauen einen Fahrdienst gegründet. Bisher nutzt ihn aber noch niemand.

Die erste Bilanz ist ernüchternd. Seit fast drei Monaten stehen in Schaffhausen freiwillige Fahrerinnen und Fahrer bereit, um nachts Menschen sicher nach Hause zu bringen. Nur: Genutzt hat dieses Angebot bisher noch überhaupt niemand.

Auf der einen Seite sind wir froh, dass man uns nicht braucht.
Autor: Indja Hunziker Mitinitiantin «Get Home Safe»

Zwar hat die Gruppe «Get Home Safe» eine Handvoll Anfragen erhalten, wie Mitinitiantin Indja Hunziker einen Artikel der Schaffhauser AZ bestätigt. Zu einem Einsatz kam es trotzdem noch nie, etwa weil schlussendlich der Bruder der betreffenden Person helfen konnte.

Wie das Angebot funktioniert

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Über einen Telegram-Kanal kann jemand eine Fahrerin oder einen Fahrer bestellen. Das soll auch spontan möglich sein. Gedacht ist der Fahrdienst für den Fall, dass jemand keine andere Möglichkeit hat, sicher nach Hause zu kommen. Es soll kein Gratis-Fahrdienst sein für Leute, die sich das Geld für den Bus oder das Taxi sparen wollen. Die Initiantinnen rechneten zu Beginn mit drei bis fünf Fahrten pro Woche.

«Auf der einen Seite sind wir froh, dass man uns nicht braucht», sagt Hunziker. Sie hat das Angebot gemeinsam mit einer Freundin auf die Beine gestellt, nachdem ein unbekannter Mann im vergangenen November in Schaffhausen eine junge Frau in ein Gebüsch gezerrt und vergewaltigt hatte. Die Idee: Niemand soll nachts allein nach Hause laufen müssen, nur weil der Person das Geld für ein Taxi fehlt.

Noch immer viel Zuspruch

Hunziker, die im Gastgewerbe arbeitet, hat selbst schon heikle Situationen erlebt. Obwohl ihr Angebot nicht wie erwartet nachgefragt wird, sagt sie: «Das Bedürfnis ist immer noch ziemlich gross.» Das zeigten auch die vielen Rückmeldungen, die sie auf Instagram erhielten. Rund 3'500 Mitglieder zählt die Gruppe mittlerweile. Und sie wächst weiter an. Viele Menschen wollen helfen oder spenden.

Die Leute gehen nicht mehr so spät nach Hause oder laufen nicht mehr allein heim.
Autor: Indja Hunziker Mitinitiantin «Get Home Safe»

Hunziker vermutet, dass sich manche Menschen nicht trauten, das Angebot in Anspruch zu nehmen. Nach der Vergewaltigung im November seien die Leute womöglich auch vorsichtiger geworden: «Sie gehen vielleicht nicht mehr so spät nach Hause oder laufen nicht mehr allein heim.»

Porträtbild von Indja Hunziker
Legende: Indja Hunziker hat im letzten November gemeinsam mit einer Freundin «Get Home Safe» gegründet. SRF/Roger Steinemann

Ist das Angebot «Get Home Safe» auch einfach zu kompliziert? Wer es nutzen will, braucht einen Einladungslink, muss Mitglied einer Gruppe auf der Plattform Telegram werden, sich dort mit seiner Identitätskarte ausweisen. Aus Sicherheitsgründen. Hunziker sagt: «Es geht darum, dass wir die Identität der Leute schützen können». Das sei auf Telegram einfacher als etwa auf Whatsapp, wo jeder einen Screenshot machen könne.

Frauentaxi – keine Erfolgsgeschichte

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Dass Frauen nach einer sicheren Möglichkeit suchen nach Hause zu kommen, ist kein neues Phänomen. In verschiedenen Schweizer Städten gab es in der Vergangenheit zum Beispiel Versuche mit sogenannten «Frauentaxi». Frauen fahren für Frauen.

In Bern existierte das Frauentaxi fast sechs Jahre lang, von 1989 bis 1995. In Wil bei St. Gallen war von 2019 bis 2022 ein Frauentaxi in Betrieb.

Eingestellt wurden die Fahrdienste vor allem deshalb, weil es nicht gelang, genügend Taxifahrerinnen zu finden. Taxifahren ist auch heute noch vor allem ein Männerberuf.

Trotzdem überlegen sich Hunziker und ihre Kolleginnen und Mitstreiter, wie sie das Angebot weiterentwickeln können. Sie planten derzeit eine Website und überlegten sich, Clubs anzuschreiben, um mit ihnen zusammenarbeiten. Das habe ihnen ihre «Community» geraten, um «Get Home Safe» bekannter zu machen.

Ein Schritt, den auch Olivia de Graaf, Leiterin der Schaffhauser Fachstelle Gleichstellung, Gewaltprävention und Gewaltschutz begrüsst. Aus ihrer Sicht ist das Projekt «ein zivilgesellschaftliches Engagement, das durchaus begrüssenswert ist».

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 13.2.2025, 17:30 Uhr ; 

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