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Gewässerschutz Departement Rösti: Kein Grenzwert für hochgiftiges Insektizid

Für das hochgiftige Insektizid Deltamethrin soll kein Grenzwert eingeführt werden, damit es Bauern weiterhin einsetzen können. Das Departement von Albert Rösti hat eine entsprechende Empfehlung des Bauernverbandes übernommen.

Das Pestizid Deltamethrin gilt als hochgiftig. Trotzdem sollen die Bauern das Mittel weiterhin einsetzen können. Laut Recherchen der Rundschau ist das Umweltdepartement offenbar bereit, dafür das Gewässerschutzgesetz zu umgehen.

Bereits extrem tiefe Konzentrationen von Deltamethrin können Wasserlebewesen vergiften, erklärt der Schaffhauser Kantonschemiker Kurt Seiler. «Ein Tropfen von einem Produkt mit Deltamethrin kann einen ganzen Bach vergiften», so Seiler. Für den Schutz von sauberen Fliessgewässern sei es deshalb wichtig, dass die Verwendung des Mittels strenger geregelt werde.

Mehr als messen könne das Kantonslabor nicht, sagt der Kantonschemiker. Bis heute gebe es für Deltamethrin keinen spezifischen Grenzwert. Seit Jahren warte man vergeblich darauf, sagt Seiler. Ohne Grenzwert seien den Kontrolleuren die Hände gebunden. Sie könnten keine Massnahmen ergreifen, weil die gesetzliche Grundlage fehle. Bisher gibt es für knapp zwei Dutzend Stoffe Grenzwerte in Bezug auf den Gewässerschutz.

Bauernverband dagegen

Eigentlich wollte das Bundesamt für Umwelt für elf Stoffe neu Grenzwerte festlegen. Doch Recherchen der Rundschau zeigen: Die Experten des Bundes konsultierten den Bauernverband und kantonale Pflanzenschutzdienste. Diese empfahlen vier dieser elf Stoffe nicht auf diese Liste zu setzen – darunter auch Deltamethrin.

Keine Grenzwerte für vier Stoffe

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Das Bundesamt für Umwelt wollte gestützt auf wiederholte Funde in Bächen elf Stoffe, hauptsächlich Pestizide, auf die Liste der gefährlichen Stoffen mit eigenen Grenzwerten setzen. Nach der negativen Rückmeldung des Bauernverbandes strich das Departement vier: Deltamethrin, Flufenacet, Foramsulfuron und Lambda-Cyhalothrin.

Denn würden für diese Wirkstoffe Grenzwerte eingeführt und immer wieder überschritten, drohe am Ende der Entzug der Zulassung. Dies würde die landwirtschaftliche Produktion zu stark beeinträchtigen, heisst es in einem vertraulichen Bericht zur Ämterkonsultation. Das Departement Rösti folgte offenbar dieser Empfehlung. Dazu steht im Bericht: «Aufgrund der Beurteilung durch die Landwirtschaftsexperten (…) sollen anstelle der ursprünglich elf noch für sieben Pestizidwirkstoffe (...) neue ökotoxikologische Grenzwerte eingeführt werden.»

Der Bauernverband will sich zum konkreten Vorgang nicht äussern, betont aber, dass immer mehr Pestizide für die Landwirtschaft wegfallen würden. Gerade Deltamethrin sei für sehr viele Kulturen sehr wichtig. «Wenn dieser Wirkstoff wegfällt, haben wir dort keinen Schutz mehr. Wir stehen dann eigentlich vor dem Nichts», sagt David Brugger, Leiter Pflanzenschutz beim Schweizer Bauernverband.

Umgehung des Gesetzes?

Die Vorgänge zu Deltamethrin und anderen drei Wirkstoffen lassen den Umweltrechts-Experten Hans Maurer aufschrecken. Der Jurist berät Gemeinden und Umwelt­schutz­organi­sationen. Für Pestizide keine Grenzwerte festzulegen, obwohl diese gefährlich seien, sei nicht erlaubt, sagt Maurer. Das Departement Rösti umgehe damit das Gewässerschutzgesetz.

Zu diesem Schluss kommen auch Röstis eigene Beamte im Bericht. Sie stellen fest: «Bei den vier Wirkstoffen (…), für welche keine neuen ökotoxikologischen Grenzwerte festgelegt werden, ist der gemäss Gewässerschutzrecht vorgegebene Schutz der Gewässer hingegen nicht sichergestellt». Das Bundesamt für Umwelt will sich gegenüber der Rundschau nicht zu konkreten Fragen äussern. In einer Stellungnahme weist das Bundesamt die Kritik an den Vorgängen zurück.

Stellungnahme Bundesamt für Umwelt

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Das Bundesamt für Umwelt schreibt der Rundschau: «Der Bundesrat wird voraussichtlich im ersten Halbjahr die Vernehmlassung zur Anpassung der Gewässerschutzverordnung eröffnen. Da es sich um einen laufenden Prozess handelt, kann sich das BAFU nicht dazu äussern. Es ist nicht ungewöhnlich, dass bei der Vorbereitung einer Gesetzesrevision oder bei der Anpassung einer Verordnung Anspruchsgruppen konsultiert werden. Vor dem Bauernverband und den kantonalen Pflanzenschutzdiensten hatte das BAFU auch die Konferenz der Umweltämter in die Erarbeitung der Vorlage einbezogen.»

Voraussichtlich bis im Sommer sollte sich der Gesamtbundesrat mit der Vorlage aus dem Departement Rösti befassen.

 

«Rundschau»

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Rundschau vom 5. Februar 2025

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