- Die Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) setzen das Kaskadenmodell auf die nächste Saison hin in Kraft, wie sie am Donnerstag mitteilten.
- Fussballliga und Klubs lehnen das Modell einstimmig ab.
Gemeinsames Ziel aller Beteiligten sei, dass das Modell gar nicht zur Anwendung kommen müsse, teilte die Arbeitsgruppe der Bewilligungsbehörden mit. Für den Fall, dass der Dialog und die weiteren präventiven Mittel Ausschreitungen nicht verhindern, müssten die Behörden aber auf ein Instrumentarium zurückgreifen können, das ihnen eine verhältnismässige Reaktion erlaube.
Rund um Spiele der Super League gab es noch nie so wenige Fälle von schweren gewalttätigen Auseinandersetzungen wie in der abgelaufenen Saison
Die Swiss Football League (SFL) und die Fussballklubs lehnten das Modell einstimmig ab. Sie erachteten es in der Praxis als nicht zielführend, einseitig und unverhältnismässig.
Wenig Ausschreitungen
«Rund um Spiele der Super League gab es noch nie so wenige Fälle von schweren gewalttätigen Auseinandersetzungen wie in der abgelaufenen Saison», begründete SFL-Geschäftsführer Claudius Schäfer die Ablehnung. Er verwies dabei auf das «Gesamtschweizerische Lagebild Sport der Polizeilichen Koordinationsplattform Sport». Dessen Zahlen werden seit 2018 erhoben.
Weiter schrieb die SFL, das Modell vermische Prävention und Repression und fokussiere nicht auf die Verhinderung zukünftiger Gewalttätigkeiten, wie es das vor 15 Jahren eingeführte «Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen» (Hooligan-Konkordat) vorsehe.
Ebenfalls kritisierten Liga und Klubs, dass unter Berufung auf das Kaskadenmodell einzelne Elemente bereits mehrfach angewendet wurden, obwohl das Modell noch nicht verabschiedet beziehungsweise eingeführt war.
Die Öffentlichkeit und auch friedliche Fussballfans würden nicht verstehen, wenn die Behörden auf massive Ausschreitungen lediglich mit einer Intensivierung des Dialogs reagieren
Karin Kayser-Frutschi, Co-Präsidentin der KKJPD, zeigte sich enttäuscht über die ablehnende Haltung von SFL und Klubs. Die Justizdirektorenkonferenz halte dennoch an der Einführung des Kaskadenmodells fest: «Die Öffentlichkeit und auch friedliche Fussballfans würden nicht verstehen, wenn die Behörden auf massive Ausschreitungen lediglich mit einer Intensivierung des Dialogs reagieren», sagte sie.
Trotz der Differenzen werde der Dialog und die Zusammenarbeit zwischen den Bewilligungsbehörden, der SFL und den Clubs fortgesetzt, betonte die Arbeitsgruppe.
Einigung in zwei Teilprojekten
Das Kaskadenmodell besteht aus verschiedenen Stufen, wobei bestimmte Vorkommnisse automatisch vorher definierte Massnahmen auslösen. Das Modell, das ab der kommenden Saison eingeführt wird, umfasst vier Stufen. Der finale Entscheid über die zu treffende Massnahme liegt in jedem Fall bei der zuständigen Bewilligungsbehörde.
In zwei Teilprojekten ist sich die KKJPD einig geworden mit SFL und Klubs: Die Liga und die SBB haben sich auf eine partnerschaftliche Weiterentwicklung im Bereich Transport und Fanreisen geeinigt. Zudem stimmten die Klubs dem Antrag der SFL zu, Dialogplattformen zur Intensivierung des Austauschs mit allen an der Organisation von Fussballspielen beteiligten Partnern einzuführen.
Im Rahmen des Projekts holte die Arbeitsgruppe im Weiteren ein Rechtsgutachten ein. Dieses empfiehlt für die Einführung von personalisierten Tickets gegen den Willen der Veranstalter eine Revision des Hooligan-Konkordats. Über die Einleitung einer solchen Revision entscheidet die KKJPD voraussichtlich im Rahmen ihrer Frühjahrsversammlung im April.