Ein Gipfel mit mehr als 50 Staats- oder Regierungschefs und der EU-Spitze ist eine ideale Gelegenheit für formelle und informelle Kontakte. So traf sich Bundespräsident Alain Berset am Donnerstagabend zu einem lockeren Bierchen (beziehungsweise einem Gin Tonic) mit der deutschen Kanzlerin, dem französischen Präsidenten und dem italienischen Premierminister.
In einem formelleren Rahmen traf er sich am zweiten Tag mit dem spanischen und auch dem russischen Premierminister. Doch für ein Treffen mit dem Präsidenten der EU-Kommission Jean-Claude Juncker reichte es nicht.
Doch dürfe man das nicht überinterpretieren, meinte Berset, obwohl die Schweiz ein solches Treffen wollte und ein solches Treffen hätte auch helfen können, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Denn Berset behauptete vor Medien, dass die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU über das institutionellen Rahmenabkommen nicht unterbrochen seien: «Die Arbeiten auf technischer Ebene gehen weiter, und das ist das Wichtigste.»
Nur eine Taktik des Bundespräsidenten?
Eine erstaunliche Aussage. Entweder ist Berset nicht gut informiert, oder es ist die Taktik des Bundespräsidenten, die aktuelle Krise herunterzuspielen, um sich nicht positionieren zu müssen. Nach der letzten Verhandlungsrunde am Dienstag unterbrach die EU-Kommission die Verhandlungen.
Sie sagte bereits davor, dass sich das Zeitfenster für eine Einigung Mitte Oktober schliesse und erwartete von der Schweiz ein Entgegenkommen bei den umstrittenen flankierenden Massnahmen. Doch die Schweiz war dazu nicht bereit. Deshalb unterbrach die Kommission die Verhandlungen und hielt fest, dass sie nun auf politischer Ebene das weitere Vorgehen besprechen müsse.
Es ist nicht so, dass die eine Seite sagen kann, dass die andere etwas bringen muss.
Das gelte auch heute noch, wird von der Kommission bestätigt; es seien aktuell keine weiteren Gesprächsrunden vorgesehen. Und grundsätzlich gilt die Erwartung der Kommission auch heute noch, dass sich die Schweiz bewegen muss. Doch Berset lässt auch das an sich abprallen: «Es ist nicht so, dass die eine Seite sagen kann, dass die andere etwas bringen muss.»
Dass Berset nicht vor den Medien seine Gedanken ausbreitet, wie die Schweiz und die EU doch noch eine Einigung erzielen können, ist verständlich. Gleichwohl besteht Klärungsbedarf, so dass beide Seiten mindestens einer Meinung sind darüber, wo die Verhandlungen denn nun stehen. Der Gipfel in Brüssel wäre eine Möglichkeit dafür gewesen – sei es bei einem Gin Tonic.