Ab dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember setzt die SBB in den S-Bahn-Zügen an der Gotthard-Bergstrecke keine Zugbegleiter mehr ein – so, wie das mittlerweile überall im Regionalverkehr der Fall ist. Manuel Avallone von der Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV kritisiert diesen Entscheid. Käme es am Gotthard zu einem Notfall, wäre der Zugführer überfordert, sagt er.
«Sehr fahrlässig» – oder nicht?
Der Zugführer müsste den Zug sichern und sich gleichzeitig um die Passagiere kümmern. Und das auf einer Strecke, die gefährlicher sei als andere: «Die Sicherheitsvorkehrungen in den Tunnels sind nicht auf dem neusten Stand», so Avallone. Die Bergstrecke sei über 100 Jahre alt, deshalb sei es «sehr fahrlässig», wenn man die Züge dort ohne Zugbegleiter fahren lasse.
Dem widerspricht die SBB. Die Strecke sei gut gewartet und sicher. Ausserdem seien die eingesetzten Züge gut für die so genannte Selbstrettung der Passagiere ausgerüstet. Daniele Pallecchi von der SBB lässt durchblicken, dass es der Bahn schlicht zu teuer ist, auf der Gotthard-Bergstrecke weiterhin Zugbegleiter einzusetzen. Schliesslich würden dort künftig deutlich weniger Passagiere befördert als heute.
Wer übernimmt das Defizit?
Der Betrieb der alten Gotthard-Bahnstrecke werde defizitär sein, zeigt sich Pallecchi überzeugt. Trotzdem wäre man unter Umständen bereit, Zugbegleiter einzusetzen. Dann nämlich, wenn die anfallenden Kosten «partnerschaftlich» finanziert würden. Damit spricht Pallecchi direkt die Kantone Tessin und Uri an. Diese haben ein Interesse daran, dass Touristen in allen Gotthard-Zügen auch künftig die Dienste eines Zugbegleiters in Anspruch nehmen können.
Das heisse Eisen liegt nun beim Bundesamt für Verkehr BAV. Dieses kann in anderthalb Jahren Einfluss auf die SBB nehmen, wenn es die Konzession dieser Strecke erneuert. Auf Anfrage beim BAV heisst es, man überlege sich, künftig gewisse Qualitätsvorgaben zu machen. Diese könnten auch Zugbegleiter und deren Finanzierung umfassen. Ein Entscheid sei aber noch nicht gefallen.