Ein blauer Metallkasten ist an der Wand der Mädchentoilette im Gymnase de la Cité in der Lausanner Altstadt befestigt. Seit letztem Sommer können hier Binden und Tampons gratis bezogen werden.
Neben dem Kasten steht die Schülerin Camilla Alves. Auch sie befand sich schon in Situationen, in denen sie nichts dabeihatte. Mit den stets an der Schule verfügbaren Gratis-Binden sei alles viel entspannter, betont sie.
Wie eine neue Studie ergab, erlebten schon drei von vier Schülerinnen in der Waadt ähnliche Situationen wie Camilla Alves. 13'000 Schülerinnen und Schüler haben sich an der Umfrage beteiligt.
Auch eine Frage der Gleichberechtigung
Für die Waadtländer Bildungsdirektorin Cesla Amarelle zeigen die Umfrageresultate, dass es ohne Gratisverteilung der Menstruationsartikel keine Gleichberechtigung zwischen Mädchen und Jungen an der Schule geben kann.
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«Wenn man wirklich eine Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen will, dann muss man dieses Problem berücksichtigen. Denn ohne Unterstützung verpassen die Mädchen Schultage, oder einzelne Lektionen», sagt Amarelle.
Kurse gegen das Tabu Menstruation
Neben den Gratis-Menstruationsartikeln wurden die Schülerinnen und Schüler auch in Kursen für das Thema sensibilisiert. Das scheint auch nötig, denn 30 Prozent von ihnen gaben in der Studie an, dass sie in der Schule schon Spott und Gehänsel gehört haben gegenüber Schülerinnen, die gerade ihre Regel haben.
Das Thema wird normal – die Mädchen fühlen sich besser.
In der Tat habe es geholfen, das Tabu der Menstruation zu lockern, indem das Thema in den Schulen angepackt wurde, sagt Romane Chappuis. Auch sie geht im Gymnase de la Cité zur Schule. «Das Thema wird normal und die Mädchen fühlen sich dadurch besser.»
Ähnliche Versuche in Basel und Zürich
In der Schweiz ist die Menstruation heute nicht mehr nur Privatsache der Frauen, sondern in der öffentlichen Debatte angekommen. Im Kanton Basel-Stadt wurde ein ähnliches Projekt wie in der Waadt vom Grossen Rat angenommen. In der Stadt Zürich finden ebenfalls Pilotversuche statt.
Nicht überall in der Schweiz wird Gratisabgabe von Menstruationsartikeln aber als Aufgabe des Staates angesehen: In den Kantonen Luzern, Bern und Wallis haben sich die Kantonsparlamente dagegen ausgesprochen.
Thema bleibt auf der Agenda
Auf Bundesebene senkte der Nationalrat kürzlich die Mehrwertsteuer für Menstruationsartikel. Hintergrund ist die sogenannte Menstruations-Armut: Manche Frauen wie auch Schülerinnen haben schlicht zu wenig Geld, um sich Binden und Tampons zu kaufen.
Die neue Waadtländer Studie zeigt, dass fünf Prozent der Schülerinnen mit diesem Problem kämpfen.
Auch deshalb sollen bald an allen Schulen in der Waadt Tampons und Binden gratis abgegeben werden, wie Bildungsdirektorin Amarelle betont. Noch muss darüber aber das Waadtländer Parlament entscheiden. Die Menstruationsartikel bleiben also auf der politischen Agenda.