«Wir wollen in diesem Land eine grosse Testoffensive», «Gratistests für alle» und «ein wichtiger Schritt zurück ins normale Leben». Zwei Stunden nach der nationalen Schweigeminute für die Corona-Opfer eröffnete Alain Berset die Medienkonferenz mit diesen Worten. Jetzt kommt es endlich, das Testen, Testen, Testen. Nur Impfen und Flächentests, da sind sich alle Experten und Expertinnen einig, weisen den Weg aus der Krise.
Nicht nur Epidemiologen drängen schon seit langem auf massives Ausweiten der Corona-Tests, auch die Wirtschaft ist mit an Bord. Mehrfach forderte Economiesuisse: Testen, testen, testen – die Firmen seien willig und parat. Die Milliarde, die wir alle via Steuergelder jede Woche für den Shutdown ausgeben, könne man sich so sparen – ohne Gefahr zu laufen, in einer dritten Welle wieder das halbe Land zu schliessen.
Deshalb ist heute ein guter Tag: Der Bundesrat stellt das Land auf für die nächsten Monate, vielleicht die nächsten Jahre.
Was will der Bundesrat konkret?
- Bisher werden in den meisten Kantonen nur Menschen mit Symptomen getestet. Das ist zu wenig. Der Bundesrat will, dass täglich Zehntausende getestet werden.
- Neu sollen alle Kantone das Konzept aus Graubünden anwenden: PCR-Massentests in Firmen, Schulen, Institutionen und Heimen. Das wollte der Bundesrat zwar bereits Ende Januar einführen, die Kantone aber reagierten äusserst zögerlich, der Bund biete zu wenig Hilfe. Nun will er mit einer Anschubfinanzierung (64 Millionen Franken) einen Anreiz setzen. Weiterhin werden die PCR-Tests vom Bund bezahlt, die Kantone müssen lediglich die Logistik übernehmen.
- Antigen-Schnelltests sollen in der Schweiz flächendeckend eingeführt werden, auch wenn sie weniger aussagekräftig sind als die PCR-Tests. Abgegeben werden Schnelltests wahrscheinlich in Apotheken, wo man sich auch gleich testen lassen kann. Über die genaue Umsetzung konnte Bundesrat Berset heute noch nicht informieren. Noch unklar ist auch, ob negativ-getestete Personen später erleichterten Zugang zum Beispiel in Fitnesszentren haben sollen.
Dieser dritte Punkt ist gemäss Experten zwar nicht der wichtigste in der Teststrategie, denn die Schnelltests sind bei niedriger Virenlast sehr ungenau. Aber die Ankündigung, dass die Schweiz nun nach Deutschland und Österreich auch Schnelltests einführen will, ist ein klarer Strategiewechsel, der im Bundesamt für Gesundheit lange diskutiert worden ist.
Alles ist nachhaltiger als Shutdowns
Apropos lange: Es hat lange, zu lange gedauert, bis das BAG auf diese Testoffensive setzte. Seit Herbst sind genügend PCR-Tests erhältlich, allein die Laborkapazitäten hat man anpassen müssen. Dem Kanton Graubünden gelang es – dank seiner selbst initiieren und selbst finanzierten Massenteststrategie – das BAG über die letzten Monate zum Umdenken zu bewegen.
Man versteht aussenstehend nicht, weshalb die obersten Gesundheitsbeamten nicht fulminant und mit allen Mitteln Impfungen und die Tests ermöglich(t)en. Alles ist günstiger, nachhaltiger und besser als Shutdowns.
Dennoch: Nach der Ankündigung und dem lückenhaften Start der Impfkampagne ist heute ein hoffnungsvoller Tag. Der Bundesrat stellte die zweite, wichtige, ja vielleicht entscheidende Weiche, um in eine normalere Zukunft zu gleiten – ohne «Shutdown-Ping-Pong». Noch stehen wir, wie bei der Impfkampagne, auch bei der Testoffensive ganz am Anfang. Ob Bund und Kantone beides so konsequent umsetzen können wie Shutdowns, ist zurzeit nur eine Hoffnung. Immerhin.