Die Kantone wollten vermehrt Coronatests durchführen. Das sagte Lukas Engelberger, der Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) gestern Abend: «Das würden wir uns aus Sicht der GDP auch in neuen Formen von Schnell- und Selbsttests wünschen. Das muss strategisch geklärt werden.»
Ist die Bevölkerung zuverlässig genug?
Denn würden Selbsttests zugelassen, käme dies einem Strategiewechsel gleich: Aktuell wollen Bundesrat und Gesundheitsbehörden den Verlauf der Pandemie mit genauen Zahlen kennen. Wenn die Bevölkerung sich aber daheim testen kann, hat man zwar mehr Tests, ist aber darauf angewiesen, dass sich positiv Getestete auch wirklich melden.
Ich könnte mir vorstellen, dass nicht jeder positive Test gemeldet wird.
Die Berner Kantonsärztin Linda Nartey, Vizepräsidentin der Vereinigung Schweizer Kantonsärzte, ist skeptisch, ob die Bevölkerung genügend zuverlässig ist und jeden positiven Selbsttest melden würde: «Das ist völlig offen. Ich könnte mir vorstellen, dass nicht jeder positive Test gemeldet wird.»
Unterschiedliche Ziele von Politik und Medizin
Just im Kanton Bern möchte der Gesundheitsdirektor aber möglichst rasch Selbsttests einführen. Kantonsärztin Nartey sagt dazu diplomatisch: «Da kommt es auf die Perspektive und die Zielsetzungen an, die sich je nach Stelle unterscheiden. Ein Gesundheitsdirektor hat noch einmal ein paar andere Ziele als Kantonsärzte oder Epidemiologen.»
Viele Politikerinnen und Politiker versprechen sich durch mehr Tests, darunter auch Selbsttests, eine raschere Rückkehr zum gewohnten Leben – und das nicht nur im Kanton Bern.
Berset hält rasche Einführung für möglich
Gesundheitsminister Alain Berset machte diese Woche den Befürwortern der Selbsttests Hoffnung: «Wir glauben, dass es jetzt sehr rasch gehen wird, dass alle selbst zu Hause testen können, womit die Pandemie besser begleitet werden kann.» Bis jetzt aber sind diese Selbsttests in der Schweiz nicht zugelassen.
Wir glauben, dass es jetzt sehr rasch gehen wird, dass alle selbst zu Hause testen können, womit die Pandemie besser begleitet werden kann.
Massentests hingegen sind möglich. Damit sollen auch Corona-positive Menschen ohne Symptome erkannt werden. Wenn diese und ihre Kontaktpersonen für eine gewisse Zeit in Isolation beziehungsweise Quarantäne gesetzt werden, soll die Verbreitung des Virus eingedämmt werden.
Graubünden als Vorreiter für Massentests
Der Kanton Graubünden war Vorreiter mit solchen Tests. Andere Kantone wenden sie in Schulen an, wenn ein Kind in einer Klasse positiv getestet wurde. Wiederum andere, wie etwa Zug, testen die Oberstufenschülerinnen und -schüler alle regelmässig zweimal pro Woche.
Der Kanton Freiburg hat heute eine Pilotphase mit Massentests ab März angekündigt, in Unternehmen, Pflegeheimen und Schulen. Der Kanton Waadt will alle Athletinnen, Athleten und die Trainingsverantwortlichen, die beim Ski- und Snowboard Europa-Cup antreten, testen lassen. Touristinnen, Touristen und Hotelangestellte können sich freiwillig und gratis testen lassen.
Gesuche für Massentests aus 17 Kantonen
Kantone, die Massentests durchführen wollen, müssen ein Gesuch beim Bundesamt für Gesundheit eingeben. Wird dieses bewilligt, übernimmt der Bund die Kosten. 17 Kantone haben laut BAG bis jetzt ein Konzept eingereicht.
Die Diskussionen gehen weiter. Vielleicht gibt es bereits heute Nachmittag mehr Antworten dazu. Dann nämlich tritt Bundesrat Alain Berset vor die Medien.