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Berufungsprozess in grossem Schweizer Korruptionsfall
Aus Rendez-vous vom 28.11.2023. Bild: KEYSTONE/Ti-Press/Gabriele Putzu
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Grösster Korruptionsfall Seco-Skandal wird erneut verhandelt

In einem der grössten Korruptionsfälle in der Geschichte der Schweizer Bundesverwaltung hat heute Dienstag der Berufungsprozess begonnen. Ein ehemaliger Ressortleiter des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) wehrt sich gegen seine Verurteilung wegen Korruption. Voraussichtlich bis am 1. Dezember verhandelt deshalb die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts. SRF-Gerichtskorrespondentin Sibilla Bondolfi ordnet den Fall ein.

Sibilla Bondolfi

Gerichtskorrespondentin

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Sibilla Bondolfi ist seit 2023 Gerichtskorrespondentin von Radio SRF. Davor hat sie für den zehnsprachigen Online-Dienst Swissinfo gearbeitet. Sie ist promovierte Juristin im Bereich Verfassungsrecht und Menschenrechte.

Was ist mutmasslich passiert?

Ein Ressortleiter im Seco hat während fast zehn Jahren Geschenke und Bestechungsgelder im Wert von 1.7 Millionen Franken für sich und Freunde angenommen und dafür überteuerte IT-Aufträge an bevorzugte Firmen vergeben. Nebst Geld erhielt er zum Beispiel VIP-Fussballtickets oder Reisen.

Der Schaden für den Bund ist erheblich: Betroffen waren Aufträge im Wert von knapp 100 Millionen Franken. Dazu kommt der Imageschaden: Dass ausgerechnet im Seco, das sich international gegen Korruption engagiert und Unternehmen berät, ein Kaderangestellter bestechlich war, ist peinlich.

Erst 2014 wurde das Seco misstrauisch und erstattete Anzeige. Im September 2021 verurteilte das Bundesstrafgericht den ehemaligen Seco-Kader zu über vier Jahren Gefängnis. Die drei Unternehmer wurden zu bedingten Gefängnisstrafen verurteilt. Der mittlerweile 71-jährige Seco-Kader wehrte sich und legte gegen das Urteil Berufung ein. Nun hat der Berufungsprozess begonnen.

Seco-Ressortleiter zeigt Reue

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Vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona hat der angeklagte ehemalige Seco-Ressortleiter Reue gezeigt. Seine Taten seien «unnötig» gewesen und hätten dem Seco geschadet.

Er sei nicht auf zusätzliche Gelder angewiesen gewesen, erklärte der ehemalige Bundesangestellte vor Gericht. «Es war dumm und verwerflich, dass ich mich da hineinziehen liess und Verfehlungen begangen habe.»

Auf die Frage, weshalb er während so vieler Jahre diese Straftaten begangen habe, sagte er, er sei nicht geldgierig gewesen, es «habe sich einfach so ergeben».

Ist dieser Korruptionsfall eine Ausnahme?

Dass ein Staatsangestellter über so viele Jahre mit so viel Geld bestochen wurde, ist tatsächlich aussergewöhnlich. Im internationalen Vergleich steht die Schweiz bezüglich Korruption gut da. Hier muss niemand Behörden bestechen, um beispielsweise einen Pass ausgestellt zu bekommen oder medizinisch behandelt zu werden. Vetternwirtschaft ist allerdings auch in der Schweiz verbreitet.

Logo von Seco
Legende: Fast zehn Jahre lang hat ein Ressortleiter im Seco Geschenke und Bestechungsgelder im Wert von 1.7 Millionen Franken angenommen. KEYSTONE/Peter Schneider

Laut Kristina S. Weissmüller, Assistenzprofessorin für Public Administration an der Freien Universität Amsterdam in den Niederlanden und Habilitandin an der Universität Bern, ist der Fall für die Schweiz zwar aufsehenerregend, im internationalen Vergleich aber typisch. «Überall, wo grosse öffentliche Aufträge vergeben werden, besteht die Gefahr von Korruption.» Es brauche deshalb Kontrollmechanismen.

In diesem Fall hat das Kontrollsystem in der Bundesverwaltung offensichtlich versagt. Der Bundesrat ist deshalb über die Bücher gegangen und hat eine Strategie gegen Korruption verfasst. Und das Seco hat nach einer internen Untersuchung die Bereiche entflechtet, damit sich kein neuer Korruptionsfall nach dem gleichen Muster wiederholen kann. So werden Entscheide nun nach dem Vieraugenprinzip gefällt.

Wie geht es weiter?

Diese Woche fällt die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts ihr Urteil. Dieses kann ans Bundesgericht weitergezogen werden.

Rendez-vous, 28.11.2023, 12:30 Uhr ; 

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