Reihenweise wurden sie während der Pandemie abgesagt: Grossanlässe. Ab Oktober sind in der Schweiz Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen aber wieder erlaubt. Die Erleichterung über diesen Entscheid des Bundesrats dürfte bei vielen Event-Organisatoren gross gewesen sein – so die Erwartung. Doch gerade bei Fussballclubs wachsen auch die Bedenken im Hinblick auf das erste Spielwochenende im Oktober.
Am ersten Samstag im Oktober empfängt Lausanne Sport den FC Zürich im Heimstadion Pontaise. Die Behörden haben zwar noch nicht definitiv grünes Licht gegeben, trotzdem bereitet sich der Club für einen Match mit 4'500 Gästen vor. «Wir freuen uns darauf. Unsere Erfahrung mit 1000 Besuchern hat gezeigt, dass unser Schutzkonzept funktioniert», sagt Lausanne Sport Mediensprecher Christophe Chaillet. Gleichzeitig habe er aber auch Bedenken: «Wir sind darauf angewiesen, dass sich die Gäste an die strengen Regeln halten. Sonst droht, dass solche Grossanlässe schnell wieder verboten werden.»
Wir sind uns der grossen Verantwortung bewusst. Es droht, dass nach einem solchen Grossevent auch die Fallzahlen steigen.
Auch in der Fussballstadt Basel zeigt sich ein ähnliches Stimmungsbild. Der FC Basel empfängt am ersten Sonntag im Oktober den FC Luzern. «Wir freuen uns auf eine gute Stimmung, die nur mit Fans möglich ist», sagt FCB-Geschäftsführer Roland Heri.
Sind Clubs unter Zugzwang?
Allerdings bereiten Heri die 15'000 Fans, die am Spieltag den St. Jakob-Park strömen dürfen, auch Bauchschmerzen. «Es droht, dass nach einem solchen Grossevent auch die Fallzahlen steigen.» Gleichzeitig fühle sich der Club auch unter Zugzwang: Der Bundesrat hat entschieden, dass bis zu zwei Drittel der Sitze besetzt werden dürfen – da sei eine schrittweise Steigerung bei den Gästen schwierig zu verargumentieren.
Wir riskieren, das Vertrauen der Bevölkerung zu verlieren. Es ist keine klare Strategie mehr ersichtlich.
Auch aus der Basler Politik gibt es viele skeptische Stimmen zum 15'000 Besucher schweren Anlass. Die SP-Gesundheitspolitikerin Sarah Wyss kritisiert, dass zum Beispiel in Läden strenge Schutzkonzepte gelten, gleichzeitig mit Grossanlässen aber ein grosses Risiko eingegangen wird: «Mit dieser massiven Lockerung riskieren wir, das Vertrauen der Bevölkerung zu verlieren. Es ist keine klare Strategie mehr ersichtlich.»
Kopfschütteln über Bundesrats-Entscheid
Auch Joël Thüring von der Basler SVP teilt diese Kritik: «Die An- und Abreisen in den vollen Bussen und Trams sind während der Pandemie ein grosses Risiko.» Es sei darum problematisch, Anlässe mit Tausenden Zuschauerinnen und Zuschauern zu erlauben.
Wenn wir eine starke Zunahme bei den Fallzahlen feststellen, müssen wir auch kurzfristig Anlässe wieder einschränken; auch wenn sie schon bewilligt wurden.
Das sind Bedenken, die man auch beim FCB teilt. Geschäftsführer Roland Heri hofft, dass der erste Match ohne Nachspiel über die Bühne geht. «Wir wissen nicht, ob das die Rückkehr zur Normalität bedeutet. Es kann auch ein Testlauf sein, den wir im schlimmsten Fall wieder abbrechen müssen.» Das ist eine Einschätzung, die auch der Basler Gesundheitsdirektor und Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, Lukas Engelberger, teilt: «Wenn wir eine starke Zunahme bei den Fallzahlen feststellen, müssen wir auch kurzfristig Anlässe wieder einschränken; auch wenn sie schon bewilligt wurden.»
Damoklesschwert hängt über den Spielen
Der Basler Gesundheitsdirektor beobachtet die Entwicklung des Corona-Virus mit Argusaugen und hält sich vor, wenn nötig, einzugreifen. Damit gehören die Fussballspiele im Oktober zu den ersten Grossanlässen in der Schweiz. Für die Fans und die Clubs sind das erfreuliche Aussichten, gleichzeitig hängt aber auch das Damoklesschwert über den Spielen.