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Grosser Aufwand Passagierlisten sind als Quarantäne-Kontrolle quasi unbrauchbar

Aus 570 Anzeigen resultieren sechs Bussen: Wie könnte der Aufwand für die Justiz verkleinert werden?

Man solle sich beim Kanton, in dem man wohnt, melden, hiess es im Sommer für diejenigen, die aus einem Risikogebiet zurückkamen. Getan haben dies aber offenbar nicht alle. Aufgrund von Flugzeug-Passagierlisten, die der Kanton Zürich zur Verfügung stellte, zeigte die Aargauer Kantonsärztin 570 Personen bei der Aargauer Staatsanwaltschaft an.

Handschriftliche Selbstdeklaration

Wie die «Aargauer Zeitung» berichtete, war der Tatbestand bei über 80 Prozent der Fälle nicht erfüllt. Das Problem seien die Daten, erklärt der leitende Aargauer Oberstaatsanwalt Philipp Umbricht. Es handelt sich nämlich nicht um Listen der Fluggesellschaften, sondern um handschriftlich ausgefüllte Selbstdeklarationen der Passagiere.

«Wir hatten eine sehr grosse Anzahl an Personen, die wir nicht eruieren konnten. Wir hatten auch eine grosse Zahl von Personen, die sich nachweislich nur im Transit befunden haben, was nicht strafbar war», sagt Umbricht.

Transit war nicht strafbar

Wenn beispielsweise jemand, der aus einem Nicht-Quarantänegebiet einen kurzen Zwischenstopp im Transitbereich eines Quarantänegebiets machte, war dieses als letzter Aufenthaltsort vermerkt, obwohl die Person das Land gar nie betreten hatte.

«Madrid, Wien wie auch Katar waren auf der Quarantäneliste. Personen, die dort umsteigen, wurden angezeigt. Im Rahmen der Ermittlungen hat man dann festgestellt, dass sie nur umgestiegen sind und deshalb nicht quarantänepflichtig und nicht meldepflichtig waren. Alle diese Verfahren konnten wir einstellen», sagt Umbricht.

Justiz braucht bessere Daten

Bei 570 Anzeigen wurden bisher gerade einmal sechs Personen gebüsst. Hier zeigt sich vor allem ein grosser Arbeitsaufwand für die Justiz wegen mangelhafter Listen. Sie sind aus der Not heraus geboren. Aus datenschutzrechtlichen Gründen erhalten die Kantonsärztinnen und -ärzte keine echten Passagierlisten von den Fluggesellschaften. Dies müsse sich künftig ändern, fordert der oberste Aargauer Staatsanwalt Umbricht.

«Das wäre sehr einfach, denn die Passagierlisten der Fluggesellschaften sind bei den Fluggesellschaften vorhanden, teilweise auch bereits beim Staat. Auf diese Daten sollte man zurückgreifen können, wenn man eine solche Meldepflicht einführen will.»

Doch dazu brauche es eine rechtliche Grundlage, erklärte der eidgenössische Datenschützer im Sommer. Im Moment ist die Situation eine andere. Da die Schweiz selbst Risikogebiet ist, ist die Liste der Quarantäneländer sehr kurz. Dies könnte sich aber wieder ändern.

Rendez-vous vom 23.11.2020

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