In einem Artikel der «SonntagsZeitung» forderte die Grüne Nationalrätin Meret Schneider mehr Regulierung der sozialen Medien. Plattformen wie X, Facebook oder Tiktok seien eine Gefahr für die Demokratie und müssten auch gesperrt werden können. Mit dieser Aussage löste sie einen weltweiten Shitstorm aus und erhielt sogar Morddrohungen. Wie es so weit kommen konnte und was man gegen einen Shitstorm tun kann, weiss Kommunikationsexpertin Barbara Schwede.
SRF News: Warum ging der Shitstorm im Fall von Meret Schneider so schnell?
Barbara Schwede: Das geht so schnell, weil einflussreiche Accounts solche Inhalte teilen und dagegen aufpeitschen, dass dort Emotionen auch entladen werden. In Fall von Frau Schneider hatten wir einige grosse amerikanische Accounts, die sich über ihre Aussage empört haben und das entsprechend instrumentalisiert haben für ihre Positionierung.
Viele dieser Menschen haben das Gefühl, sie müssen für ihre Weltanschauung kämpfen, weil sie Angst haben, dass die anderen sonst zu stark werden.
Frau Schneider hat viele Nachrichten auch direkt gekriegt darunter Mails, Anrufe und sogar Morddrohungen. Warum gehen die Leute so weit?
Die Frage ist, wer sind diese Menschen? Da haben Studien gezeigt, dass es sich bei einem Grossteil um ältere Männer handelt, die oft pensioniert sind und die damit entweder ihre Zeit verbringen oder die ein Ventil suchen, um ihre eigene Frustration loszuwerden.
Frau Schneider hat viele Nachrichten aus den USA und aus Russland erhalten. Ich glaube, da treffen Weltanschauungen aufeinander und viele dieser Menschen haben das Gefühl, sie müssen für ihre Weltanschauung kämpfen, weil sie Angst haben, dass die anderen sonst zu stark werden. Ich glaube auch, dass diese Polarisierung in den USA und die Instrumentalisierung durch die Politik dazu führt, dass einzelne Menschen sich dann von so einer Aussage in ihrer Lebensweise angegriffen fühlen.
Diese Intensität ist so brutal [...], dass es auch nach der hundertsten Nachricht keinen Mehrwert mehr bringt, sondern nur noch belastet.
Wenn man mal drin ist, muss man den Shitstorm einfach über sich ergehen lassen?
Ja. Frau Schneider macht das auch richtig, dass sie viele Nachrichten direkt löscht, ohne sie überhaupt gelesen zu haben. Denn diese Intensität ist so brutal und psychisch so belastend, dass es auch nach der hundertsten Nachricht keinen Mehrwert mehr bringt, sondern nur noch eine Belastung ist.
Dieser Shitstorm zeigt, dass es diese Regulierung, um die es Frau Schneider ging, tatsächlich braucht.
Es ist sinnvoll, dass man in so einer Situation zuerst versucht zu verstehen, welche Themen sind das? Was wird da gegen mich vorgebracht? Aber dann muss man sich auch sehr klar abgrenzen. Es gibt auch Empfehlungen, dass man die Social Media-Accounts jemand anderem geben soll, der dann all diese Inhalte löscht, damit man nicht in dieser Intensität damit konfrontiert ist.
Schneider hat sich entschieden, dem Tagesanzeiger ein Interview zu geben. Macht das aus Ihrer Sicht Sinn, nochmals die Öffentlichkeit zu suchen?
Ja, ich ich finde es wichtig, dass das öffentlich gemacht wird. Einfach auch, weil dieser Shitstorm genau zeigt, dass es diese Regulierung, um die es Frau Schneider ging, tatsächlich braucht, damit so was nicht passieren kann. Es gibt eine Grenze, die haben wir auch in unseren Gesetzen verankert. Auch in politischen Diskussion darf es nicht zu einer Morddrohung kommen. Und solche Dinge müssen wir melden können, wenn sie auf Social Media passieren. Im Sinne von jedem einzelnen Social Media Nutzer und jeder einzelnen Social Media Nutzerin.
Das Gespräch führte Raphaël Günther.