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Stadt Bern: Blick auf Sozialwohnungen im Lorraine-Quartier
Aus Schweiz aktuell vom 10.01.2023.
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Günstiger Wohnraum Sozialwohnungen in Bern: Stadt nimmts weiterhin nicht so genau

Die Stadt Bern kontrolliert bei der Vergabe von Sozialwohnungen nicht, ob jemand Geringverdiener ist oder nur Teilzeit arbeitet. Obwohl Zahlen belegen: Wer einmal in einer verbilligten Wohnung lebt, zieht kaum mehr aus.

2014 hat die Stadt Bern landesweit für Schlagzeilen gesorgt. In ihren Sozialwohnungen residierten damals Mieter, die die Kriterien für Mietzinsrabatte nicht erfüllten. Darunter auch zwei Millionäre. Die Stadt gelobte Besserung. Ein Neubau im Berner Lorrainequartier zieht dies jedoch in Zweifel.

Stadt setzt auf Selbstdeklaration

Im Berner Trendquartier Lorraine herrscht akuter Mangel an Familienwohnungen. Daran ändert auch der Neubau am Centralweg mit seinen 13 Wohnungen kaum etwas. Sieben davon werden als sogenannter «günstiger Wohnraum» vermietet. Die Stadt Bern verfolgt damit ein politisches Ziel; die Wohnungen sind für Personen mit schmalen Budgets reserviert.

Blick auf das Lorraine Quartier. In der Mitte ein vierstöckiges, neues Wohnhaus.
Legende: Das Berner Lorrainequartier ist sehr beliebt. In diesem Neubau entsteht neuer Wohnraum. Auch Menschen mit kleinem Budget sollen sich hier eine Wohnung leisten können. SRF

Ob das schmale Budget jedoch aufgrund eines schlecht bezahlten Jobs oder durch Teilzeitarbeit zustande kommt, kontrolliert die Stadt Bern nicht. Für SVP-Stadtrat Alexander Feuz ist dies ein «krasser Fehlanreiz». Er will im Stadtparlament erreichen, dass die Anstellung in Prozent zum fixen Kriterium wird. «Sonst sagen sich viele: ‹Ich arbeite lieber weniger, habe mehr Freizeit, weniger Krankenkassenprämien und bekomme erst noch eine vergünstigte Stadtwohnung.›»

Die Stadt ist keine moralische Aufsichtsstelle.
Autor: Michael Aebersold Finanzdirektor Stadt Bern

Der Berner Finanzdirektor Michael Aebersold winkt ab; die Selbstdeklaration sei auch weiterhin ausreichend. Denn die Stadt habe nicht vorzuschreiben, wer wie viel zu arbeiten habe. «So sind zum Beispiel auch Freiwilligenarbeit oder die unentgeltliche Pflege von Familienangehörigen möglich. Die Stadt ist keine moralische Aufsichtsstelle.»

Kaum jemand zieht aus vergünstigten Wohnungen aus

Zahlen zeigen: Ein genaues Hinschauen bei Erstvermietungen ist entscheidend. Denn sobald jemand eine vergünstigte Stadtwohnung mietet, zieht er nicht mehr so schnell aus. Auch dann nicht, wenn er keinen Anspruch mehr auf einen reduzierten Mietzins hat. Ein Beispiel: 2021 haben in Bern sechs Prozent der Mieter und Mieterinnen die Kriterien für ihre verbilligte Stadtwohnung nicht mehr erfüllt. Aber keine einzige Mietpartei hat ihre Wohnung verlassen.

Der Grund: Auch ohne Mietzinsrabatt lassen sich in den neuen Stadtwohnungen Mietkosten sparen. Im Neubau am Centralweg Lorrainequartier sind es – verglichen mit den marktüblichen Mietpreisen – immerhin rund 5500 Franken pro Jahr für eine 4.5-Zimmerwohnung.

Systemwechsel nötig?

Volkswirtschaftsprofessor Donato Scognamiglio ortet eine Umverteilung: «99 Prozent der Steuerzahlenden finanzieren einen Lottosechser, der dann irgendeiner bekommt. Alle anderen gehen leer aus.» Scognamiglio propagiert deshalb einen Systemwechsel. Statt Wohnungen soll die Stadt Bern besser Geld an Bedürftige verteilen.

Die Stadt Bern will 1000 verbilligte Wohnungen

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Das Berner Stadtparlament hat entschieden, dass die Stadt mindestens 1000 verbilligte Stadtwohnungen anbieten soll.

In den vergangenen fünf Jahren könnte die Stadtregierung die Anzahl Wohnungen von rund 500 auf 650 aufstocken. Dies vor allem durch Liegenschaftskäufe.

Weil aber der Liegenschaftsmarkt ausgetrocknet ist und horrende Preise gefordert werden, konnte die Stadt Bern 2021 kaum zusätzliche Wohnungen in diesem Segment anbieten.

Ein Wechsel von der Objekt- zur Subjekthilfe hat das rot-grüne Berner Stadtparlament allerdings erst kürzlich deutlich abgelehnt. Der Berner Finanzdirektor Michael Aebersold gibt zu bedenken, die Stadt Bern würde so privaten Immobilienbesitzern noch mehr Geld überweisen. «Ausserdem würde es schlicht zu viel kosten.» Die Stadt habe nicht die Ressourcen, um allen Anspruchsberechtigten finanziell unter die Arme zu greifen.

Schweiz aktuell, 10.01.2023, 19:00 Uhr

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