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Der «untypische SVPler»
Aus Echo der Zeit vom 13.03.2018. Bild: Keystone
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Hans-Ueli Vogt im Rampenlicht «Ich wusste, dass auch Blocher das Problem erkannt hat»

Der leise Volksvertreter: Hans-Ueli Vogt ist so ziemlich das Gegenteil eines Polterers. Der Mann mit dem schmalen Gesicht und dem graumelierten Bart wirkt schüchtern und bleibt im Gespräch höflich, distanziert. Für das Treffen wählt er eines der kleineren Sitzungszimmer im Bundeshaus. In der Wandelhalle sei ihm zu viel Trubel. Bezeichnend: Die leise Politik liegt Vogt viel mehr als der grosse Auftritt: «Ich bin sicher nicht der, der einfach um jeden Preis zu allem auch noch etwas sagen will.» Dass er jetzt als Erfinder der Selbstbestimmungs-Initiative eine ganze Weile ziemlich im Rampenlicht stehen wird, ist dem Zürcher Wirtschaftsrechtler darum eher unangenehm.

Der politische Bub: Der 48-Jährige ist noch nicht so lange Politiker. Vor zehn Jahren trat Vogt in die SVP ein, drei Jahre später wurde er Kantonsparlamentarier, 2015 dann Nationalrat. Bewegt habe ihn Politik aber schon früh, sagt Vogt: «Schon als Kind in der Primarschule habe ich meine Mitschülerinnen und Mitschüler genervt und gelangweilt mit politischen Fragen und Diskussionen, die ich anzetteln wollte. Schon als kleiner Bub fand ich, dass wir die Unabhängigkeit und damit die Möglichkeit, selber zu bestimmen, wie unser Land aussieht, nicht aufgeben sollten.»

Ein kritischer Zwischenruf: Das tönt so, als hätte Vogt schon als kleiner Bub die Selbstbestimmungs-Initiative im Kopf gehabt, die Idee, dass vom Schweizer Volk beschlossenes Recht grundsätzlich dem Völkerrecht vorgeht. Seine Ratskollegin Christa Markwalder, Berner FDP-Nationalrätin und mit Vogt in der Rechtskommission, hat eine andere Theorie zur Entstehungsgeschichte dieser Initiative. Sie glaubt, dass Vogt einen Auftrag erhielt: «Und wer in der SVP einen Auftrag erhält, der muss ihn ausführen. So erkläre ich mir das Zustandekommen der Geschichte. Vielleicht ist das aber auch nur Mythenbildung.»

Der Stein des Anstosses: Laut Vogt war das anders: Er bekam keinen Auftrag, er holte sich diesen. An einem Herbsttag 2012 stiess er auf ein neues Bundesgerichtsurteil. Es ging um die Ausschaffungsinitiative seiner Partei, die verlangte, dass kriminelle Ausländer automatisch des Landes verwiesen werden sollen. Die Bundesrichter waren der Ansicht, die Schweiz müsse vor solchen Ausschaffungen den Einzelfall prüfen und dabei die Urteile des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg beachten.

Hans-Ueli Vogt.
Legende: Hans-Ueli Vogt: «Blocher hat reagiert und sich an mich gewandt.» Keystone/Archiv

Der definitive Auftrag: Dieses Urteil traf beim sonst so nachdenklichen, stillen Mann einen Nerv und er sagte sich: «Jetzt muss man diesen Trend, dass wir immer mehr internationales Recht über unser eigenes Recht stellen, stoppen. Jetzt muss ich mich an Herrn Blocher wenden. Denn ich wusste, dass er dieses Problem ebenfalls erkannt hat.» Der SVP-Stratege enttäuschte ihn nicht. Der Auftrag erging: «Er hat darauf reagiert und sich an mich gewandt. Wir haben daraufhin eine SVP-interne Arbeitsgruppe eingesetzt, welche ich dann präsidiert habe.»

Die Kollegenschelte: 117’000 Menschen unterschrieben das Begehren, aber bei Vogts Professorenkollegen aus den Bereichen Staats- und Völkerrecht kam die Initiative schlecht an. 31 Professoren zerpflückten den Text ihres Fakultätskollegen, der auf Wirtschaftsrecht spezialisiert ist, in einer 17-seitigen Abhandlung: Die Initiative wolle Klarheit, schaffe aber das Gegenteil. Sie könne dazu führen, dass die Schweiz die europäische Menschenrechtskonvention kündige. So eine kollektive Kollegenschelte ist aussergewöhnlich. Vogt aber beteuert, er könne damit umgehen: «Mit einem der Wortführer halte ich zusammen parallel sogar eine Vorlesung. Wir unterhalten uns über alle möglichen Dinge, auch über dieses Thema – im Wissen, dass wir politisch anders denken».

Beruflicher und politischer Werdegang:

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Hans-Ueli Vogt (48) ist Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Zürich. Der Zürcher sitzt seit gut drei Jahren für die SVP im Nationalrat. In die Partei eingetreten war er 2008, 2011 wurde er ins Kantonsparlament gewählt.

Ein atypischer SVP-ler: Dass Vogt mit Andersdenkenden klarkommt, bescheinigen ihm auch Parlamentskollegen. Er sei offen für Kompromisse, sagt etwa der Christlichsoziale Karl Vogler, der ihn von der Kommissionsarbeit kennt. Und er macht eine Aussage, die aus dem Munde des politischen Gegners wohl als Kompliment zu verstehen ist: «Vogt ist ein brillanter Intellektueller, und das entspricht eigentlich nicht dem typischen SVP-ler.»

Hans-Ueli Vogt.
Legende: Nicht-Ständerat Hans-Ueli Vogt: «Die Zürcher müssen jetzt halt damit leben....» Keystone/Archiv

Die verschlossene kleine Kammer: Vogt selber sagt, mit seiner Vorliebe für das Sachliche und Juristisch-Technische würde er fast besser in den leiseren Ständerat passen. Nur: Diese Wahl verpasste er 2015 deutlich. «Die Zürcher müssten jetzt halt damit leben», meint er und lächelt zum ersten Mal: «Dass sie sich die Möglichkeit vergeben haben, mich in den Ständerat zu wählen.» Das habe er zur Kenntnis genommen und werde es wohl auch nicht mehr probieren. Die Aufmerksamkeit um ihn in nächster Zeit wird ihm aber bestimmt helfen, nächstes Jahr die Wiederwahl in den Nationalrat zu schaffen – egal ob die Selbstbestimmungs-Initiative bei Volk und Ständen eine Mehrheit findet.

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Der «untypische SVPler»
aus Echo der Zeit vom 13.03.2018. Bild: Keystone
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