Sollen Flüchtlinge und Migranten, die in der Schweiz als «vorläufig Aufgenommene» gelten, ins Ausland reisen dürfen – etwa um Verwandte zu besuchen? Darüber debattiert heute der Ständerat. Der Bundesrat will ein Reiseverbot sogar auf Gesetzesstufe verankern. Der Nationalrat hingegen hat Ausnahmen beschlossen.
Davon betroffen sind rund 50'000 Menschen in der Schweiz, insbesondere Syrerinnen und Syrer. Auch die Syrerin Wiam Mohamad hat Verwandte in Deutschland, hinreisen und sie besuchen darf sie aber nicht.
Beim arabischen Kaffee erzählt die 32-jährige Syrerin von ihrem Leben im Kanton Solothurn. «Wir sind sehr zufrieden hier in der Schweiz, wo wir sicher sind. Wir wohnen seit sechs Jahren im gleichen Dorf und fühlen uns hier sehr willkommen. Ich kenne bereits viele Leute.»
Verwandte in Deutschland
Wir – das sind Wiam Mohamad, ihr Mann, die 7- und 5-jährigen Söhne und ihr jüngerer Bruder. Die Kinder besuchen die Schule, die Erwachsenen gehen arbeiten. Wiam Mohamad war in Syrien Lehrerin. In der Schweiz hat sie Deutschkurse besucht und arbeitet nun als Klassenassistentin, die die Lehrkraft unterstützt. Stolz erzählt sie, dass ihre Familie seit eineinhalb Jahren weg von der Sozialhilfe ist.
Alles gut, könnte man meinen. Doch da ist die schwierige Situation in ihrem Heimatland, die sie belastet. Traurig macht Wiam Mohamad aber auch, dass sie mit ihrem F-Ausweis eingeschränkt ist, also nicht reisen darf. Wiam Mohamad hat Verwandte in Deutschland und sie würde sie gerne besuchen.
Auch berufliche Einschränkungen
Vorläufig aufgenommene Menschen können beim Migrationsamt ihres Kantons zwar eine Reise beantragen, diese wird aber nur unter bestimmten Voraussetzungen bewilligt. So zum Beispiel, wenn der oder die Verwandte schwer krank oder bereits gestorben ist.
In solchen Momenten fühle ich mich sehr klein.
Das Reiseverbot habe sie aber auch schon beruflich eingeschränkt, sagt Wiam Mohamad. Die Schule, an der die 32-Jährige arbeitet, wollte mit den Kindern nach Deutschland in den Europapark. «Sie sagten mir dann, dass ich nicht mitreisen könne – wegen der fehlenden Bewilligung. In diesen Momenten fühle ich mich sehr klein», sagt Wiam Mohamad.
Die Schule hat schliesslich auf den Ausflug verzichtet. Wiam Mohamad hofft, dass das Reiseverbot nun definitiv gelockert wird. Nicht nur für sich, auch für die anderen 50'000 betroffenen Menschen, die in der Schweiz als vorläufig Aufgenommene leben.