Darum geht es: «Unsere Alpwirtschaft ist in Gefahr.» Diesen Satz sagte Nationalrat Markus Ritter (Mitte/SG) an einer Medienkonferenz am Flumserberg SG. Der Präsident des Schweizer Bauernverbands spricht damit die sich häufenden Wolfsrisse an Nutztieren im alpinen Raum an.
Warum diese Einladung am Flumserberg? Der Medienanlass fand auf der Alp Halde statt. In diesem Sommer wurden im Kanton St. Gallen schon 50 Schafe gerissen, 20 davon aus geschützten Herden auf dieser Alp. Vergangene Woche wurde zudem ein Herdenschutzhund bei einem Wolfsangriff verletzt. Die Anwesenden, neben Markus Ritter auch Ständerätin Esther Friedli (SVP/SG) und andere, sprachen von «unhaltbaren Zuständen».
Die Forderungen an den Bundesrat: Esther Friedli sagte im Rahmen der Medienkonferenz, die revidierte Jagdverordnung brauche noch Nachbesserungen. Sie fordert, den Weg von Bundesrat Albert Rösti weiterzuverfolgen und zu schärfen. «Schadstiftende Wölfe und Rudel müssen umgehend zum Abschuss freigegeben werden. Und zwar nicht nur die Hälfte der Jungtiere, sondern das ganze Rudel», so Friedli. Zudem fordert sie einen Abbau der Bürokratie, damit die Kantone schneller handeln könnten.
Das sagt die Statistik: Der Wolfsbestand ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Ende der 1990er-Jahre lebten hierzulande kaum Wölfe, seit 2019 hat sich der Bestand verdreifacht. Momentan leben rund 240 Wölfe in 30 Rudeln in der Schweiz. Mit dem steigenden Wolfsbestand stieg auch die Anzahl getöteter Nutztiere. 2017 waren es 287 getötete Tiere, 2022 deren 1480.
Wo liegen die Probleme? Bauernpräsident Markus Ritter entgegnet den Umweltverbänden, dass sich die Wölfe anders verhalten als erzählt. «Sie überspringen korrekt angebrachte Schutzzäune und töten mehr Tiere, als sie fressen können. Die Wölfe lernen schnell dazu und passen sich immer an.» Die Jagdverordnung müsse deshalb so ausgestaltet werden, dass die Wölfe wirkungsvoll reguliert werden könnten. Sprich: Abschüsse von Rudeln statt einzelnen Wölfen.
Was sagt die Gruppe Wolf Schweiz? Geschäftsführer von Wolf Schweiz, David Gerke, sagt, die Forderung, ganze Rudel abschiessen zu dürfen, sei nicht sinnvoll. «Wir wissen, dass einzelne Wölfe durchaus mehr Schäden anrichten können als ganze Rudel.» Dies würden die Risserfahrungen der letzten Monate und Jahre zeigen. «Ein gut erzogenes Rudel ist besser als kein Rudel. Wo keine Rudel sind, wandern ständig neue Wölfe zu», so Gerke weiter.
Hat es zu wenige Herdenschutzhunde? Laut Martin Keller, dem Präsidenten des St. Gallischen Schafzuchtverbands, ist unklar, wie sich das Herdenschutzhundewesen finanzieren lässt. «Wir laufen mit der Neuausrichtung auf ein Desaster zu», sagt er. Ab 2025 soll die Verantwortung bei den Kantonen liegen. «Es zeichnet sich ab, dass diese Übergabe nicht reibungslos funktionieren wird», so Keller. Zudem gebe es zu wenige Hunde für den steigenden Bedarf.
Wie geht es jetzt weiter? Gemäss Bundesamt für Umwelt (Bafu) ist klar, dass die Regulierung des Wolfsbestands zur Daueraufgabe wird. Die Diskussion zeigt: Es wird schwierig, Lösungen zu finden, die für alle Seiten annehmbar sind. Der Bundesrat entscheidet bis Ende Jahr, wie die Jagdverordnung neu aussehen soll. Die neue Verordnung soll am 1. Februar 2025 in Kraft treten.