Wegen der Corona-Pandemie stehen ganze Branchen vor existenziellen Problemen, darunter Fluggesellschaften, Stadthotels, Messeveranstalter und Reisebüros. Ihnen ist das Geschäft praktisch weggebrochen. Der Ruf nach staatlicher Unterstützung wurde laut – mit Erfolg: Derzeit klären Bund und Kantone, wie sie in Härtefällen Firmen helfen können.
Einer, der in Bern für Hilfe für seine Branche weibelt, ist André Lüthi. Der Präsident und Chef des Reisekonzerns Globetrotter sowie Politik-Verantwortliche beim Schweizer Reiseverband zeichnet für die Reisebüros ein düsteres Bild. «Im Moment haben wir eigentlich gar keine Perspektive. Wir wissen, dass 2020 die Umsätze sicher um 85 Prozent einbrechen werden. Und die Unsicherheit ist extrem gross», sagt Lüthi.
Er geht davon aus, dass 2000 bis 3000 Arbeitsplätze der Branche auf dem Spiel stehen – sollte die Krise anhalten. Das wäre etwa jeder dritte Arbeitsplatz bei den Reisebüros in der Schweiz.
Entsprechend wichtig sei nun Unterstützung vom Staat, betont der Globetrotter-Chef. Diese soll bekommen, wer vor Corona gesund war – zusätzlich zu den bisherigen Hilfsmassnahmen wie Kurzarbeitsentschädigung oder Notkredite. So schwebt es Lüthi für seine Branche, aber auch für andere Branchen vor, die besonders hart von der Krise getroffen wurden.
Jan-Egbert Sturm, Leiter der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich, winkt ab: «Durch die strukturelle Veränderung, die die Gesellschaft durchmacht, wird es für viele Unternehmen schwierig bleiben, in der Zukunft weiterzumachen.» Es gelte hinzuschauen, welche Unternehmen nach Corona tatsächlich eine Zukunft hätten und diese zukunftsträchtigen Unternehmen herauszufiltern. Doch das sei enorm schwierig.
Sollen notleidende Branchen Kredite zurückzahlen?
Niemand weiss, wie Corona das Reiseverhalten verändern wird: Wie rasch Privatpersonen beispielsweise wieder scharenweise zu Städtetrips und Fernreisen aufbrechen oder ob Grosskonzerne ihre virtuellen Sitzungen wieder durch Geschäftsreisen ersetzen werden.
Bund und Kantone versuchen dennoch in einer Arbeitsgruppe zu klären, wie eine Härtefall-Regelung aussehen könnte: Sie versuchen also zu definieren, welche Unternehmen vom Staat am Leben erhalten werden sollen – und welche nicht. Bleibt die Frage, ob Unternehmen aus «Härtefall-Branchen» – also Reisebüros, Eventveranstalter, Messebauer oder Stadthotels – die Hilfsgelder, zurückzahlen müssen oder nicht.
Es wird für die Kleinen sehr schwierig, diese Kredite zurückzuzahlen.
Globetrotter-Chef André Lüthi, dessen Branche das Wasser buchstäblich bis zum Hals steht, ist skeptisch. Er verweist darauf, dass Reisebüros selbst in guten Zeiten nur wenig verdienen mit ihrem Geschäft. «Bei einer durchschnittlichen EBIT-Marge von 1 Prozent in der Schweizer Reisebranche – und da spreche ich von allen – wird es einfach für die Kleinen sehr schwierig, diese Kredite zurückzuzahlen.»
Lühti fordert vielmehr Beiträge à fonds perdu. Er wünscht sich für alle «Härtefall-Branchen» möglichst noch in diesem Jahr Klarheit über weitere Finanzhilfen. Sonst komme für zahlreiche Unternehmen in der Schweiz die Hilfe wohl zu spät.