Arbeitsplatz, Läden, Schulen oder der öffentliche Verkehr: Hier sei das Covid-Zertifikat explizit ausgeschlossen, hielt der Bundesrat noch im Mai fest. Nun rückt er von dieser Haltung etwas ab.
Neu möchte der Bundesrat prüfen, wie das Zertifikat auch im Arbeitsbereich eingesetzt werden könnte. So sollen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber je nachdem ausdrücklich prüfen dürfen, ob Angestellte ein Zertifikat haben, sofern dies «der Festlegung angemessener Schutzmassnahmen oder der Umsetzung des Testkonzepts» dient, wie der Bundesrat am Mittwoch schrieb.
Die Begründung von Bundesseite
Es gehe dabei um Klarstellungen, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Anfrage: «Aufgrund der Unsicherheiten in der Arbeitswelt, in welchen Konstellationen und Bereichen das Zertifikat verwendet werden darf, soll mit einer Verordnungsbestimmung Klarheit geschaffen werden.»
Der Bundesrat komme damit einem Anliegen des Arbeitgeberverbands nach, sagt dessen Kommunikationsleiter Fredy Greuter. Denn auch der Arbeitgeberverband möchte die Anwendung des Zertifikats im Arbeitsbereich näher prüfen.
Greuter sagt, zur Diskussion stünden massgeschneiderte Schutzkonzepte für Geimpfte und Ungeimpfte. «Das ist wichtig, damit die Ansteckungsgefahr am Arbeitsplatz reduziert werden kann. Dazu kommt, dass mit diesem Vorgehen auch das Risiko eines Lockdowns abgewendet werden kann.»
Gewerkschaften wehren sich
Widerstand kommt von Gewerkschaftsseite. Dort vermutet man einen versteckten Impfzwang. Zwar sei auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund für die Covid-Impfung, er empfehle diese auch, betont Zentralsekretär Luca Cirigliano.
Doch der Zentralsekretär sagt auch: «Es ist wirklich nicht zielführend und eine ganz schlechte Idee, dass die Impfquote mittels Zwang vom Arbeitgeber auf die Arbeitnehmenden erhöht werden soll.» Vielmehr müssten Arbeitgeberinnen ihren Angestellten frei geben für die Impfung, und das Impfen müsse noch einfacher werden.
Zertifikat am Arbeitsplatz aus juristischer Sicht
Rechtlich wäre das möglich, sagt der emeritierte Arbeitsrechtsprofessor von der Universität St. Gallen (HSG), Thomas Geiser. Zwar seien solche Verpflichtungen immer heikel. Der ehemalige HSG-Professor sagt: «Wenn der Bundesrat die Kompetenz hat, solche Vorschriften zu erlassen, ist das ohne weiteres möglich.»
Weiter sagt Geiser: «Arbeitnehmende, die bestimmte Arbeiten ausführen, müssen dann eine bestimmte Impfung haben oder auf andere Weise zertifizieren, dass Schutzvorkehrungen bestehen.»
Ganz neu wäre das Zertifikat am Arbeitsplatz nicht: In gewissen Spitälern oder Heimen brauchen Angestellte heute schon ein Zertifikat – oder sie müssen sich regelmässig testen lassen.