Der Bundesrat will mit einer Impfoffensive eine weitere Million Menschen in der Schweiz zu einer Covid-Impfung bewegen. Dafür sollen mobile Beratungs- und Impfstellen in den Kantonen einen niederschwelligen Zugang zur Impfung ermöglichen. An der «Rundschau»-Theke äussert sich Bundesrat Alain Berset zu Aufwand und Ertrag solcher Angebote.
SRF News: Die Erfahrung zeigt, dass der Erfolg mit diesen Impf-Bussen mässig ist. Und doch wollen Sie genau dieses Angebot ausbauen. Warum?
Alain Berset: Wir sind davon überzeugt, wenn man sich anschaut, was in anderen Ländern gut funktioniert hat. Das ist wirklich der Schritt, der uns erlaubt, den Leuten sehr niederschwellige Angebote zu machen. Es gibt Leute, die einfach keine Zeit hatten, in ein Impfzentrum zu gehen oder die sich damit nicht befasst haben. Und plötzlich ist das Angebot da, man kann darüber diskutieren. Und diese Angebote sind genau das, was uns hilft, aus der Krise zu kommen.
Es gibt mehrere Kantone, die kritisieren, Aufwand und Ertrag solcher Impf-Busse stünden in keinem Verhältnis. Ist das ein sinnvoller Einsatz von Steuergeldern?
Die Impfungen sind Sache der Kantone und liegen nicht im Verantwortungsbereich des Bundes. Nur ist das dem Bund nicht gleichgültig. Jetzt, wo alles auf dem Tisch liegt und wir die Lösung in der Hand haben mit der Impfung, wollen wir diese Krise nicht verlängern. Und da hat der Bundesrat gesagt: Wir wollen eine starke Unterstützung der Kantone, damit beim Impfen noch mehr gemacht werden kann.
Jetzt, wo wir die Lösung in der Hand haben mit der Impfung, wollen wir diese Krise nicht verlängern.
Sie wollen Skeptiker individuell beraten. Wie soll das funktionieren? Schicken Sie Berater von Haus zu Haus?
Das müssen auch die Kantone organisieren. Das Ziel ist einfach, dass Leute zur Verfügung stehen, wenn jemand Fragen hat oder die Diskussion über Nebenwirkungen vertiefen oder wissen will, was in diesen Impfstoffen drin ist. Damit jede Person, die diesen Schritt noch nicht gemacht hat, aber bereit wäre, es zu tun, sich informieren kann.
Aber schon heute fehlt es in den Kantonen an Fachkräften. Wer genau soll Skeptiker individuell in Impffragen beraten?
Das ist ebenfalls eine Frage für die Kantone. Der Bund ist nur da, um zu unterstützen. Weil wir die Kantone nicht allein lassen wollen in dieser Situation, wo es noch einen Fortschritt braucht. Wir wissen selbstverständlich, dass es nicht so einfach ist, kurzfristig Leute zu finden. Aber ich glaube, die Kantone können das.
Wir alle wünschen uns ein Leben ohne Maske und ohne Zertifikat. Wie hoch muss die Impfrate sein, damit der Bundesrat diese Massnahmen aufhebt?
Die Massnahmen sind nicht an die Durchimpfungsrate verbunden. Sie sind mit dem Risiko einer Überlastung des Spital-Systems verbunden, wie seit Anfang der Pandemie. Weil eine Überlastung nicht nur ein Problem für Covid-Patienten bedeutet, sondern auch für die gesamte Bevölkerung. Das bleibt der Massstab.
Die Massnahmen sind seit Anfang an verbunden mit dem Risiko einer Überlastung des Spital-Systems.
Sie wollen den Leuten keine Perspektive bieten, damit sie vielleicht auch einfacher mit diesen Massnahmen umgehen können?
Man muss immer sehr bescheiden bleiben in einer Krisensituation wie diese Pandemie. Wir wissen nicht, wie sie sich entwickelt. Wir sehen, dass wir eine gute Lösung in der Hand haben mit der Impfung. Und wir sehen, dass jede zusätzliche Impfung uns hilft, aus der Krise zu kommen. Uns hilft, in die Richtung zu gehen, wo man die Massnahmen aufheben kann. Es braucht mehr als heute, das ist klar. Denn im Moment gibt es noch zu grosse Schwankungen und wir werden dann auch nach den Herbstferien sehen, wie es läuft. Aber wir kennen die richtige Richtung, es braucht nur ein bisschen mehr.
Das Gespräch führte Nicole Frank.