Seit einem Monat raten die Behörden zur Impfung – doch fast niemand geht hin. Das Bundesamt für Gesundheit nennt erstmals Zahlen: Bis zum 1. August haben sich erst 11.9 Prozent der Gesamtbevölkerung ab 80 Jahren den zweiten Booster geholt. Das ist weniger als jede und jeder Achte.
Der oberste Kantonsarzt der Schweiz gibt zu: Er hat sich höhere Impfzahlen erhofft und erwartet. «Wir wären erfreut gewesen, wenn die zweite Auffrischimpfung häufiger durchgeführt worden wäre», sagt Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte der Schweiz.
«Gewisse Impfmüdigkeit»
Bislang waren die über 80-Jährigen am impffreudigsten: Über 80 Prozent haben sich den ersten Booster verabreichen lassen. Jetzt, beim zweiten Booster, zögern sie. «Da spielt eine gewisse Impfmüdigkeit eine Rolle», sagt Kantonsvertreter Hauri.
Nach drei Impfungen würden manche zögern, und sich sagen: Irgendwann sei genug. Viele würden das Virus inzwischen besser kennen und hätten sich eigene Meinungen gebildet – unabhängig von den Impfempfehlungen.
Abwarten lautet die Devise
Vertreterinnen und Vertreter kantonaler Gesundheitsbehörden bestätigen die Beobachtungen von Rudolf Hauri. Zudem würden manche Seniorinnen und Senioren den Herbst abwarten oder spekulierten auch auf neue, an die Omikron-Varianten angepasste Impfstoffe. Entsprechende Zulassungsgesuche sind hängig.
Acht Kantone haben SRF News Auskunft gegeben über den Erfolg ihrer Booster-Kampagnen. Meist liegt er in der Grössenordnung des Schweizer Durchschnitts von 11.9 Prozent der über 80-Jährigen. Deutlich höhere Impfzahlen hingegen melden die Kantone Zug mit 25 und Bern mit 20 Prozent.
Kantonsärzte-Präsident Hauri hatte den über 80-Jährigen bei der Präsentation der Impfempfehlung vor einem Monat den zweiten Booster mit Nachdruck ans Herz gelegt.
Dass diese der Behörden-Empfehlung nun aber kaum folgen, mache ihn noch nicht nervös.
Impfschutz nimmt bei Ältesten ab
Noch sei der Schutz vor schweren Verläufen auch ohne zweiten Booster hoch. In der Corona-Sommerwelle hätten trotz hoher Fallzahlen nur wenige dreifach Geimpfte im Spital behandelt werden müssen. Es sei aber erwiesen, dass der Schutz bei den Ältesten am schnellsten abnehme.
Hauri hofft daher, dass sich vor der erwarteten Herbstwelle möglichst viele doch noch zum zweiten Booster durchringen können: «Als Arzt will man den Schutz des Individuums – deshalb wären wir froh, wenn die Auffrischimpfung genutzt würde.»
Im Herbst will die Eidgenössische Kommission für Impffragen den zweiten Booster für die gesamte Bevölkerung empfehlen. Die Flaute bei den über 80-Jährigen lässt Stand jetzt eher keinen Grossandrang erwarten.