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Importierte Emissionen Die verborgene Klimasünde der Schweiz

Der Bundesrat orientiert sich an seinem UNO-Bericht wie auch bei den zentralen Klimamassnahmen zur Einhaltung der Klimaziele am sogenannten «territorialen» oder «produktionsbasierten» Prinzip. Dieses bezieht sich auf das Pariser Klimaabkommen und besagt, dass sich jedes Land um die Emissionen innerhalb der Landesgrenzen kümmern muss.

Länder wie China mit viel Produktion müssen demnach mehr reduzieren als Länder wie die Schweiz, welche die meisten Produkte importieren. Kritiker sagen, damit würden die Verantwortlichkeiten verzerrt. Ausserdem würde dieses System zur sogenannten «Carbon Leakage» führen – dass dreckige Produktion ins Ausland verlagert würde, um die inländische Bilanz zu entlasten. Dadurch würden globale Lieferketten tendenziell noch klimaschädlicher, wie etwa Chinas Einsatz von Kohlestrom zeigen.

Gemäss Stephan Pfister, Professor an der ETH Zürich am Lehrstuhl für Ökologisches Systemdesign, hilft das territoriale Prinzip der Schweiz, ihr Klimaziel einfacher zu erreichen: «Am Schluss ‹kauft› man sich frei, weil man wirtschaftlich nicht von der Produktion der Materialien abhängt.» Für Pfister ist klar: «Wenn die Schweiz zum Erreichen der Klimaziele beitragen will, dann muss sie das auch über ihre Lieferketten tun.» Die Schweiz habe eine hohe Wertschöpfung und könne in Ländern der Lieferketten entweder Druck machen oder direkt in Klimaschutzmassnahmen investieren. Am Ende hätten sowohl die Produzierenden als auch die Konsumierenden eine Verantwortung.

Lieferketten und Konsum als Hebel einsetzen

Die EU hat auf dieses Missverhältnis reagiert, mit dem Lieferkettengesetz, das letztes Jahr in Kraft getreten ist. Bis nächstes Jahr sollen grosse Unternehmen ihre Lieferketten überprüfen. Ein Bericht im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt Bafu aus dem Jahr 2020 kam zur Erkenntnis, dass Umweltbelastungen in den Lieferketten für die meisten untersuchten Branchen deutlich grösser sind als die direkten Umweltbelastungen am Firmensitz selbst.

Typischerweise würden die frühen Phasen der Wertschöpfungskette – insbesondere die Rohstoffgewinnung und die vorgelagerten Zulieferer – den grössten Beitrag zum Umweltfussabdruck leisten. Als wichtigste Hebel zur Verbesserung ihres Fussabdrucks empfiehlt das Bafu Schweizer Unternehmen, bei der Lieferantenauswahl die Umweltkriterien stärker zu berücksichtigen und den Hebel zu nutzen, um die gesamte Lieferkette auf erneuerbare Energien umzustellen.

Über Methodik und Daten

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Die Daten basieren auf einem MRIO-Modell (Exiobase3), welches Umweltauswirkungen entlang globaler Lieferketten trackt. Bei den Daten handelt es sich um berechnete Schätzungen. Die Daten wurden vom Institut für Umweltingenieurwissenschaften der ETH Zürich zur Verfügung gestellt und von SRF analysiert.

Zahlen zu den Kohlekraftwerken in China stammen vom Global Coal Plant Tracker (Stand Januar 2025).

CO2e bedeutet CO2-Äquivalent und bezeichnet eine Masseinheit, die verschiedene Treibhausgase mit ihrer unterschiedlichen Klimawirkung in eine gemeinsame Einheit umrechnet.

Vielleicht dürften sich diesen Ratschlag auch die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz zu Herzen nehmen. Als Weltmeister der importierten Emissionen ist der Hebel für eine bessere Klimabilanz nämlich so gross wie sonst nirgends. Man muss ihn nur bewusst einsetzen.

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Trend, 22.3.2025, 8:00 Uhr ; 

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