Würde die gesamte Erdbevölkerung so viele natürliche Ressourcen verbrauchen wie die Schweizer Bevölkerung, bräuchte es rund drei Erden. Den grössten Teil des ökologischen Fussabdrucks macht der Verbrauch fossiler Energie aus. Auch Importgüter tragen aber dazu bei. Der Konsum in der Schweiz verursacht Umweltschäden im In- und Ausland.
Die Initianten fordern nun, dass der ökologische Fussabdruck bis ins Jahr 2050 auf eine Erde reduziert wird. Das sei realistisch, betonen sie. Allein durch die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens könne der ökologische Fussabdruck der Schweiz bereits auf 0,8 bis 1,4 Erden gesenkt werden. Im Grunde fordere die Initiative nicht mehr als das Selbstverständliche, denn eine nicht nachhaltige Lebensweise gehe auf Kosten künftiger Generationen. Es brauche eine «Schuldenbremse für die Natur».
Angriff auf den Cervelat?
Konkret verlangt die Initiative, dass Bund, Kantone und Gemeinden eine nachhaltige Wirtschaft anstreben. Sie sollen dafür sorgen, dass die Wirtschaft die Umwelt möglichst wenig belastet, und geschlossene Stoffkreisläufe fördern. Abfälle sollen also wieder als Rohstoffe verwendet werden.
Bei einem Ja müsste der Bund Zwischenziele festlegen. Würden diese nicht erreicht, müssten auf Gesetzesebene Massnahmen ergriffen werden. Der Bund könnte etwa Vorschriften für Produktionsprozesse erlassen oder Lenkungssteuern erheben. Auch könnte er Mindeststandards für importierte Produkte festlegen, beispielsweise für Palmöl und Holz.
Die Initiative wird von SP, GLP, EVP und diversen Organisationen unterstützt. Im Parlament fand sie keine Mehrheit. Die Gegner aus den Reihen der bürgerlichen Parteien und Wirtschaftsverbände warnen in ihrer Kampagne vor Verzicht. Die Initiative sei beispielsweise ein Frontalangriff auf den Fleischkonsum, befand etwa der Schweizerische Fleischfachverband. Sie gefährde den Cervelat. Gewarnt wurde auch vor kaltem statt warmem Wasser zum Duschen.
Die Befürworter bezeichnen solches als Unsinn. Die warme Dusche sei ein Beispiel dafür, dass es nicht um Verzicht, sondern um Innovation gehe. Früher sei das Wasser mit einer Ölheizung aufgewärmt worden, heute erhitze man es mit einer Wärmepumpe. Dadurch sei der ökologische Fussabdruck deutlich kleiner geworden. Mit Solar- und Windkraft lasse er sich weiter verkleinern.
Zu viel in zu kurzer Zeit
Auch das Argument, die Schweiz sei bereits Vorreiterin in Sachen Umwelt, lassen die Initianten nicht gelten. Sie weisen darauf hin, dass die Schweiz inzwischen in Europa zu den grössten Abfallproduzenten gehört. Ein Ja zur Initiative würde verhindern, dass sie weiter zurückfalle. Setze die Wirtschaft konsequent auf Cleantech, erhöhe das ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Die Gegner warnen ihrerseits vor Schaden für die Wirtschaft. Zusätzliche Regulierungen und Vorschriften durch den Staat seien unnötig und gefährdeten die Wettbewerbsfähigkeit, schreibt der Wirtschaftsdachverband economiesuisse. Unternehmen machten sich täglich für eine grünere Wirtschaft stark.
Auch dem Bundesrat geht die Initiative zu weit. Grundsätzlich unterstützt er das Ziel der Initiative. Diese wolle jedoch zu viel in zu kurzer Zeit, findet er. Für die Unternehmen entstünden Kosten. Die Preise für Güter und Dienstleistungen, welche die Umwelt belasten, würden steigen. Die Wirtschaft müsse genügend Zeit haben, um sich schrittweise anpassen zu können.
Weil er das Ziel für richtig hält, hatte der Bundesrat dem Parlament einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative vorgelegt. Die Räte verwässerten diesen zunächst – und lehnten ihn am Ende ganz ab. Die Mehrheit war der Auffassung, eine Verschärfung des Umweltschutzgesetzes sei nicht nötig.
Umweltministerin Doris Leuthard warnte vergeblich, das Thema werde das Parlament wieder einholen. Der hohe Ressourcenverbrauch verursache Probleme. Die Wirtschaft mache, was profitabel sei. Deshalb brauche es Regulierungen, sagte Leuthard im Parlament. Mit dem indirekten Gegenvorschlag hätte der Bundesrat ebenfalls mehr Kompetenzen erhalten, um die grüne Wirtschaft zu fördern. Der Umbau der Wirtschaft hätte aber weniger rasch erfolgen müssen.
Diese Lösung steht nun nicht mehr zur Diskussion. Ob das Stimmvolk die Wirtschaft per Initiative auf einen grüneren Pfad zwingen will, wird sich am 25. September zeigen.