Herbstzeit ist Erntezeit, das ist auch auf dem Hof von Andrea und Stephan Stocker im luzernischen Greppen nicht anders. «Eine intensive Phase», sagt der Landwirt, «wir sind im Moment pausenlos mit Ablesen beschäftigt.»
Doch an den rund 160 Bäumen, die hier auf einem Feld zwischen Rigi und Vierwaldstättersee stehen, hängen nicht etwa Äpfel oder Birnen – sondern Feigen. Die einzigen Feigen der Schweiz, die im grossen Stil angebaut werden.
Auf einer halben Hektare Land sind die Feigenbäume gepflanzt, rund 1.2 Tonnen Früchte geben sie pro Jahr her. Das ist zwar nicht sehr viel, gemessen an den gut 4000 Tonnen Feigen, die die Schweiz jährlich importiert.
Von der Viehhaltung alleine könnten wir nicht leben.
Doch für das Ehepaar Stocker ist es eine wichtige Einnahmequelle. «Unser Betrieb ist nicht besonders gross, und von der Viehhaltung alleine könnten wir nicht leben», sagt Stephan Stocker.
Bewusster Entscheid für ein Nischenprodukt
Als Stockers den Hof 2012 übernahmen, überlegten sie sich darum, wie sie das verfügbare Land am besten nutzen könnten. Die Wahl fiel auf Feigen, weil sie überzeugt waren, dass die Frucht sich gut über den eigenen Hofladen vermarkten liesse.
Und weil Feigen keine Früchte sind, die sich überall anbauen lassen – in Greppen aber schon: Die geschützte Lage an der Südseite der Rigi sorgt hier für ein mildes Klima.
Auf Betrieben in Südfrankreich holten sich die beiden Schweizer Feigenpioniere viel Wissen zum Anbau der Frucht. Dennoch: Der Weg zur ersten Ernte war mit Unsicherheiten gepflastert.
So erfroren etwa die ersten zwölf Bäume der Pflanzung im Winter. Stockers wollten schon aufgeben – als die Bäume im Frühling wieder ausschlugen und von da an winterfest waren.
Als dann die Produktion angelaufen war und die Nachfrage stieg, zeigte sich, dass auch Vögel Feigen mögen: Starenschwärme fielen über die Früchte her und machten einen Teil der Ernte zunichte.
Das Ehepaar beschloss, ihre Anlage zum Schutz vollständig mit einem Netz einzupacken. Eine kostspielige Angelegenheit, sagt Andrea Stocker: «Da fragten wir uns schon, ob es sich lohnt, weiterzumachen. Aber wir hatten bereits so viel Arbeit und Geld in die Feigenbäume gesteckt, dass wir nicht aufgeben wollten.»
Frische Feigen müssen schnell in den Verkauf
Doch nicht nur der Anbau von Feigen ist schwierig, sondern auch ihre Vermarktung. «Wir wollen nur ganz frische Feigen verkaufen, das ist unser Markenzeichen», sagt Andrea Stocker. «Doch die reife Frucht ist höchstens zwei Tage haltbar – das heisst, sie muss schnell zur Kundschaft.»
Und dies passiert hauptsächlich über den Hofladen. Grepper Feigen sind in der Umgebung mittlerweile so bekannt, dass Kundinnen und Kunden sich im Voraus erkundigen, wann wieder frische Feigen verfügbar sind.
Zudem stellen Stockers aus den Feigen eine Reihe weitere Produkte her, vom Senf über die Konfitüre bis hin zu Schnaps und Balsam.
Ausschliesslich auf Feigen setzen wollen Stockers allerdings nicht. Als 2021 die Ernte wegen des nassen Wetters völlig ausfiel, sei er froh gewesen, mit der Viehhaltung und Freiland-Legehennen noch andere Standbeine zu haben, sagt Stephan Stocker.
Aber: Das Experiment mit den Feigen habe sich gelohnt. Die Frucht sei beliebt, die Nachfrage steige beständig. Eigentlich sei es erstaunlich, dass noch keine weiteren Landwirte auf den Zug aufgesprungen seien, sagt Andrea Stocker. «Wir können das jedenfalls weiterempfehlen. Es muss ja nicht gleich in unserer Nachbarschaft sein.»