Tiefrote Zahlen, Kritik aus der Ärzteschaft und Mobbing-Vorwürfe – am Inselspital sind zuletzt immer neue Missstände und Konflikte ans Licht gekommen. Zudem werfen Inselspital-Insider der grössten Spitalgruppe der Schweiz vor, mit Forschungsgeldern auch Finanzlöcher zu stopfen. Die Führung ist unter Druck.
SRF News: Das Inselspital ist an verschiedenen Fronten in Bedrängnis. Welcher Vorwurf beschäftigt Sie persönlich am meisten?
Bernhard Pulver: Als Verwaltungsratspräsident beschäftigt mich die schwierige finanzielle Lage des Inselspitals – und wie wir aus dieser herauskommen. Als Mensch beschäftigen mich natürlich die Vorwürfe sehr, wo einzelne Leute sagen, am Inselspital herrsche kein gutes Arbeitsklima oder sie hätten Angst. Das darf in einem Unternehmen wie dem Inselspital nicht sein.
Beim Thema Führung gibt es dringenden Handlungsbedarf.
Bleiben wir bei den Mobbingvorwürfen. Wie ist denn aus Ihrer Sicht die Stimmung am Inselspital?
Die Stimmung könnte besser sein. Aber sehen Sie, es äussern sich vor allem Personen, die unzufrieden sind oder die Insel verlassen haben. Ihre Stimmung ist anders als jene in der breiten Mitarbeiterschaft. Was uns aber vor allem beschäftigt, ist die finanzielle Lage, die vielen Projekte, die wir durchgeführt haben. Ich glaube, unsere Leute sind erschöpft und fühlen sich teilweise zu wenig einbezogen, das ist möglich.
Also kann man sagen, dass die Führung des Inselspitals vor lauter Baustellen die Mitarbeitenden vergessen hat?
Nein, ganz sicher nicht. Das Thema ist eher, wie man gut kommuniziert, wie man die Leute mitnimmt. Das neue Informatiksystem, das neue Hauptgebäude: Diese Projekte haben uns derart beschäftigt, dass wir den Einbezug der Mitarbeitenden beim Thema Führung zu wenig berücksichtigt haben. Diesen Vorwurf müssen wir uns machen, es gibt dringenden Handlungsbedarf.
Wie reagiert das Inselspital auf die schwierige Situation punkto Mobbing-Vorwürfe und Führung, auf die Unzufriedenheit bei Mitarbeitenden?
Wie können wir die Kommunikation verbessern, die Leute besser einbeziehen? Wir lassen durch eine Beratergruppe für Change Management die Mitarbeitenden und insbesondere die Kaderpersonen befragen. Die Leute müssen sagen, wo genau der Schuh drückt. Zudem haben wir eine Anwaltskanzlei beauftragt, unser bestehendes Meldesystem für Mobbingvorwürfe zu untersuchen und allfälliges Verbesserungspotenzial aufzuzeigen. Weiter wollen wir die Ärzteschaft besser in die Entscheidungen einbinden, ebenso den Pflegebereich.
Neben den Personalproblemen gibt es weitere Vorwürfe. Nämlich, dass das Inselspital mit Forschungsgeldern teure Mieten für schöne neue Gebäude bezahlt. Ist das nicht ein Problem für den Forschungsplatz Bern?
Es gibt klare Regeln: Gelder aus der gesetzlichen Krankenversicherung dürfen nicht in die Forschung fliessen, wir dürfen nicht quersubventionieren. Das heisst, wir müssen Personal und Räume der Forschungstätigkeit zuordnen. Das Problem ist tatsächlich, dass die Kosten durch die Teuerung bei Mieten und Strom um mehr als ein Fünftel gestiegen sind. Was effektiv dazu führt, dass der «Forschungsfranken» sinkt. Und weil wir im Moment keinen Gewinn machen, können wir auch kein zusätzliches Geld in die Forschung investieren. Zurzeit laufen mit dem Kanton Gespräche, wie wir im Bereich der Forschung die Situation verbessern können.
Das Gespräch führte Christian Liechti.