14 Kantone möchten künftig besser zusammenarbeiten, um adoptierten Menschen bei der Suche nach den leiblichen Eltern zu helfen. Denn nicht immer lief alles korrekt ab. Ein Blick zurück.
Warum gab es früher so viele internationale Adoptionen?
Als sich die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen in der Schweiz verbesserten – insbesondere für ledige Mütter – gab es nur noch wenige Kinder zu adoptieren. Manche Schweizer Paare suchten deshalb im Ausland nach Kindern. Ab den 1960er-Jahren gab es eine Welle von Adoptionen aus asiatischen Ländern, später aus Südamerika und Afrika und ab 1989 aus Osteuropa.
Nicht immer war ungewollte Kinderlosigkeit der Grund. Einige Schweizer Paare sahen die Adoption auch als «humanitären Akt». Aus sozialen oder religiösen Motiven wollten sie Kinder aus der Armut befreien und ihnen ein besseres Leben mit Bildungschancen bieten.
In den Herkunftsländern gab es unterschiedliche Gründe für den «Boom»: Südkorea beispielsweise «sparte» sich den Aufbau einer Sozialfürsorge für ledige Mütter und arme Familien und setzte stattdessen bis in die 1980er-Jahre im grossen Stil auf Adoptionen ins Ausland. In Sri Lanka entwickelte sich ein Gewerbe: An den internationalen Adoptionen verdienten Anwälte, Sozialarbeiterinnen, Hebammen, Chauffeure und Hotels mit.
Und in Indien war eine uneheliche Schwangerschaft – vor allem, wenn Mutter und Vater einer unterschiedlichen Kaste oder Religion angehörten – ein grosses Stigma. Oft erhielten Schwangere nur Hilfe, wenn sie im Gegenzug bereit waren, ihre Kinder zur Adoption zu geben.
Nicht immer liefen die Adoptionen korrekt ab. Häufig fehlte etwa die schriftliche Einwilligung der leiblichen Eltern.
Warum gab es in der Schweiz viele irreguläre Adoptionen?
Das Stigma der ledigen Mutterschaft in Indien und das Stigma der kinderlosen Ehe in der Schweiz bildeten ein Feld von Angebot und Nachfrage, in dem sich Geld verdienen liess. Gemäss der Studie «Mutter unbekannt. Adoptionen aus Indien in den Kantonen Zürich und Thurgau, 1973–2002» musste ein Paar in der Schweiz für die Vermittlung eines Kindes aus Indien zwischen 6000 und 20'000 Franken bezahlen. In der Schweiz und anderen westlichen Industriestaaten konnten sich Mittelstands-Paare das leisten.
Schweizer Eltern hatten auch zunehmend die finanziellen Mittel, in ferne Länder zu reisen und selbst ein Kind ausfindig zu machen.
Auch Netzwerke spielten eine Rolle: So liefen viele Adoptionen in Indien über katholische Institutionen wie die zahlreichen Mutter Teresa Heime. In der Schweiz trat zudem das Haager Übereinkommen, das irreguläre Adoptionen bis hin zu Kinderhandel unterbinden sollte, im Vergleich zu anderen Ländern eher spät in Kraft.
Warum kam es zu einer kontinuierlichen Abnahme von Auslandsadoptionen?
2003 setzte die Schweiz das Haager-Adoptionsabkommen in Kraft. Dieses erhöht die Hürden für Auslandsadoptionen: So dürfen Kinder nur dann ins Ausland vermittelt werden, wenn im Heimatland keine Adoptiv-Eltern gefunden werden können. Seither sind internationale Adoptionen in der Schweiz stark zurückgegangen.
Wie ist die Situation heute?
Heute werden am häufigsten die Kinder des Partners oder der Partnerin adoptiert, man spricht von Stiefkindadoption. Internationale Adoptionen hingegen gibt es nur noch sehr wenige.
Das Haager Übereinkommen hat laut Fachleuten Kinderhandel eingedämmt, doch es kommt bis heute vor. Es wird deshalb diskutiert, ob auf internationale Adoptionen grundsätzlich verzichtet werden soll. Mehrere Organisationen haben den Bundesrat aufgefordert, ein Moratorium zu prüfen. Der Bundesrat entscheidet voraussichtlich Ende Monat.