In Zeiten von Krieg und Krise im Nahen Osten sei der Dialog zwischen jüdischen und muslimischen Menschen umso wichtiger, finden Ramazan Özgü und Janos Morvay. Özgü ist Muslim, Morvay Jude. Die beiden verbindet nicht nur eine Freundschaft, sie engagieren sich auch seit mehr als zehn Jahren für den interreligiösen Dialog in der Schweiz.
Wir alle haben Gefühle. Man kann sie nicht unterdrücken, aber lernen, mit ihnen umzugehen.
Im Rahmen des Programms «Respect» besuchen Özgü und Morvay regelmässig Schulklassen oder Veranstaltungen in Kirchgemeinden. In vierstündigen Workshops wollen sie Vorurteile gegenüber Musliminnen und Juden abbauen. Denn: «Wir alle haben Gefühle. Man kann sie nicht unterdrücken, aber lernen, mit ihnen umzugehen», sagt Janos Morvay. Wie dies im Alltag gelingt, wollen die beiden aufzeigen.
Nachfrage nach 7. Oktober stark gestiegen
In Rollenspielen sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über Diskriminierung nachdenken. Zum Beispiel darüber, wie es sich anfühlt, wenn jemand aufgrund seiner Religion oder Herkunft beleidigt wird. «Am Ende geben wir ihnen auch konkrete Handlungsstrategien mit auf den Weg, wie man im Alltag mit Vorurteilen umgeht», erklärt Ramazan Özgü.
Die Rückmeldungen nach den Workshops seien jeweils sehr positiv. «Nur schon, dass wir zusammen auftreten, hat eine grosse Wirkung», so die Erfahrung von Ramazan Özgü, dessen Eltern als Gastarbeiter aus der Türkei in die Schweiz kamen.
«Wir betonen unsere Gemeinsamkeiten, zeigen auf, dass wir uns verstehen, uns zuhören. Eine Religion sollte menschlich sein, nicht menschenverachtend», fügt Janos Morvay an, dessen Eltern den Holocaust überlebt haben. Der Krieg im Nahen Osten führe zu noch mehr Antisemitismus und Rassismus in unserer Gesellschaft. Umso wichtiger sei es, im Dialog zu bleiben.
Wir betonen unsere Gemeinsamkeiten, zeigen auf, dass wir uns verstehen, uns zuhören.
Seit dem Terrorangriff der radikal islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober sei die Nachfrage nach solchen Workshops stark gestiegen, sagen Özgü und Morvay. Das Programm haben sie seither auch dementsprechend angepasst.
«Wir sprechen einerseits über die Gefühle, andererseits aber auch über die sozialen Medien und wie der Krieg dort abgebildet wird», so Ramazan Özgü. Der Krieg im Nahen Osten dürfe nicht hier in der Schweiz ausgetragen werden. Beide sind überzeugt, dass dieser Dialog, diese Workshops helfen können, Muslim- und Judenfeindlichkeit in der Schweiz zu bekämpfen.