Mehr als eine Tonne: So viel geschmuggeltes Gold verlässt den afrikanischen Kontinent jeden Tag. Das schreibt die Nichtregierungsorganisation Swissaid in einem neuen Bericht. Sie hat sich die Goldflüsse aus Afrika über die letzten zehn Jahre genauer angeschaut.
«Der Grossteil dieses Goldes fliesst nach Dubai», sagt Yvan Schulz von Swissaid. Dort gebe es so gut wie keine Einfuhrkontrollen.
Zwischenhalt Vereinigte Arabische Emirate
Dubai – eine wichtige globale Drehscheibe also für afrikanisches Gold. Oder genauer: undeklariertes afrikanisches Gold. Denn davon gibt es offenbar immer mehr. Laut der Swissaid-Studie hat sich der Goldschmuggel in Afrika zwischen 2012 und 2022 mehr als verdoppelt. Bei diesem Gold ist unklar, ob es mit Konflikten oder Menschenrechtsverletzungen, zum Beispiel Zwangsarbeit oder Vergiftung, in Verbindung steht.
Dubai ist die globale Drehscheibe für Gold dubioser Herkunft.
Hinzu kommt: Wenn Gold undeklariert ein Land verlässt, entgehen der Regierung Steuereinnahmen. «Das ist alles Geld, das in öffentliche Dienstleistungen wie Bildung oder Gesundheitsversorgung fliessen könnte», so Yvan Schulz.
Dass den Ländern dieses Geld entgeht, habe auch viel mit der Schweiz zu tun, sagt Schulz. Das Land sei erstens für 20 Prozent der direkten Goldimporte aus Afrika verantwortlich. Zweitens führe die Schweiz enorm viel Gold aus Dubai ein – «der globalen Drehscheibe für Gold dubioser Herkunft», wie Schulz sagt.
«Gold aus Dubai»
In der Schweiz landet dieses Gold allerdings nicht als afrikanisches Edelmetall, sondern als Gold aus Dubai. Das Schweizer Zollgesetz verlangt nämlich nur, dass die Importeure die letzte Station des Metalls angeben – nicht die gesamte Lieferkette.
Das ist nicht nur ein Detail. Die Schweiz ist ein bedeutender Standort für das globale Geschäft mit Gold: Vier der weltweit grössten Raffinerien haben hier ihren Hauptsitz. Gut ein Drittel des weltweit verarbeiteten Goldes stammt aus Schweizer Raffinerien.
Christoph Wild ist Präsident des Gold-Branchenverbandes ASFCMP. «Man weiss, dass Gold illegaler Herkunft nach Dubai verfrachtet wird», sagt er. Die Ergebnisse der Studie hätten ihn nicht überrascht. Mehr noch: Christoph Wild zieht ähnliche Schlüsse daraus wie Swissaid.
Transparentere Lieferkette
Die NGO fordert nämlich strengere Regeln für den Goldimport in die Schweiz. Sie möchte, dass das Parlament das Schweizer Zollgesetz so anpasst, dass die Lieferkette von Gold und anderen Edelmetallen transparenter wird. Überraschenderweise sieht das der Gold-Branchenverband genauso.
Die Schweizer Goldverarbeiter würden sich schon jetzt für eine transparente Lieferkette einsetzen – allerdings vor allem auf freiwilliger Basis. «Wir haben festgestellt, dass Freiwilligkeit in der Öffentlichkeit nicht so gut angesehen wird wie in Gesetz gegossene Regeln.» Den von Swissaid geforderten Änderungen stehe man deshalb positiv gegenüber.
Industrie und Kritiker sind also für einmal auf derselben Linie. Wenn auch aus unterschiedlichen Gründen: Dem Branchenverband geht es um den Ruf des Standorts Schweiz, er wünscht sich eine Art Gütesiegel. Swissaid hingegen möchte den Goldhandel insgesamt transparenter und fairer machen.
Die Verschärfung des Zollgesetzes war bereits im März Thema im Nationalrat. Damals hat sich eine Mehrheit gegen strengere Regeln für den Goldimport ausgesprochen. Im Herbst kommt das Zollgesetz in den Ständerat.