Nationalrätin Priska Seiler Graf und Nationalrat Mathias Reynard bewerben sich gemeinsam für die Nachfolge von SP-Präsident Christian Levrat. Das ist seit dem Wochenende bekannt. Auch das Duo Cédric Wermuth/Mattea Meyer kandidiert für das Amt. Ein Co-Präsidium hatten in der Schweiz bereits die Grünen. Politologe Georg Lutz über die Vor- und Nachteile des Konzepts.
SRF News: Ein Duo an der Parteispitze – ist das der neue Trend?
Georg Lutz: Es ist nicht gerade ein Trend, denn es sind immer noch Einzelfälle. Dieses Modell kam erst in den letzten rund zehn Jahren auf. Vorher wurde es nicht diskutiert. Es gab immer nur einen Parteichef oder eine Parteichefin.
Ein Duo an der Parteispitze gab es bei den Schweizer Grünen von 2012 bis 2016 mit Regula Rytz und Adèle Thorens. Hat es funktioniert?
Es hat nicht schlecht funktioniert. Gerade in der Schweiz kann es ein interessantes Modell sein, dass eine Person eher die Romandie abdeckt und die andere eher die Deutschschweiz, und dass man sich die Arbeit aufteilt.
Das heisst, die beiden Personen an der Spitze müssen sich ergänzen?
Ja, das wäre ideal. Es kann sein, dass jemand gegen aussen wirkt, jemand gegen innen; jemand vielleicht strategisch gut ist und jemand organisatorisch gut. Man kann mit einer Doppelspitze auch verschiedene politische Parteiflügel einbinden.
Die Verfügbarkeit, die die Medien heute verlangen, erfordert eine Präsenz von fast 24 Stunden an sieben Tagen.
Das kann tatsächlich Vorteile haben, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Belastung dieses Mandats sehr hoch ist. Gerade die Verfügbarkeit, die die Medien heute verlangen, erfordert eine Präsenz von fast 24 Stunden an sieben Tagen. Wenn man das aufteilt, kann es für beide eine Entlastung sein.
Die Grünen wollen eigentlich wieder ein Co-Präsidium. Balthasar Glättli hat aber niemanden gefunden, der das Amt mit ihm antreten will. Es scheint nicht einfach zu sein, zwei Co-Kandidierende zu finden...
Wenn man so eng zusammen arbeitet, braucht es viel Vertrauen und eine gegenseitige Akzeptanz. Die Chemie muss stimmen. Man muss auch gleichzeitig verfügbar sein für ein Amt, das einen wirklich fordert. Je nachdem haben gewisse Leute gerade andere berufliche oder persönliche Prioritäten.
Gibt es auch Nachteile?
Der Fokus der Medien ist sehr stark auf das Parteipräsidium ausgerichtet. Wenn es nicht aus einer Person besteht, sondern aus zwei, verteilt sich das. Oft sind es auch Alphatiere, die an die Spitze drängen, und zwei Alphatiere zusammenzubringen, ist nicht einfach – gerade, wenn es nicht rund läuft.
Es muss sichergestellt werden, dass die Parteispitze mit einer Stimme spricht und man sich in der Öffentlichkeit nicht widerspricht.
Wenn es um öffentliche Kommunikation geht, muss zudem sichergestellt werden, dass die Parteispitze mit einer Stimme spricht und man sich in der Öffentlichkeit nicht widerspricht. Denn das könnte Konfusion auslösen.
Ist bei den bürgerlichen Parteien eine Doppelspitze kein Thema?
Ich bin mir nicht sicher, ob man nicht auch bei den bürgerlichen Parteien auf die Idee kommt, es zu versuchen. Es ist schon so, dass die Idee des Jobsharings etwas ist, das von den linken Parteien stark vertreten wird – auch, um die Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt besser zu fördern.
Es ist nicht unbedingt einfach, geeignete Leute für diese Ämter zu finden.
Konsequenterweise setzt man das in der eigenen Partei um, das hat eine gewisse Logik. Aber eine Offenheit, solche Modelle zu diskutieren, gibt es inzwischen auch in anderen Parteien. Auch, weil es nicht unbedingt einfach ist, geeignete Leute für diese Ämter zu finden.
Das Gespräch führte Christoph Kellenberger.