Während der Pandemie und nach den Terrorangriffen der Hamas in Israel hat man sie wieder vermehrt gesehen: Hakenkreuze, das Symbol der Nazis. Mitte-Ständerätin Marianne Binder sorgt sich über eine Verluderung des Denkens in der Bevölkerung, wie sie sagte, der Antisemitismus feiere sich auf grässliche Weise: «Nicht ganz 80 Jahre nach dem Krieg skandieren Horden in Europa ‹Juden ins Gas!›, Hakenkreuze zieren die Transparente bei Demos.»
Immer wieder versuchten Politikerinnen und Politiker bisher erfolglos, antisemitische Propaganda zu verbieten. Jetzt will der Ständerat ein viel breiter gefasstes Verbot verankern. Alle Symbole in der Öffentlichkeit, die Gewalt verherrlichen, oder extremistische Propaganda auf Fahnen oder mit Gesten, sollen strafbar werden. Dazu gehören auch das Verleumden oder Herabsetzen von Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion.
Mehrheit will umfassenderes Verbot
Diesen breiten Verbotskatalog hat der Ständerat oppositionslos gutgeheissen. Mitte-Ständerätin Binder wollte jedoch zusätzlich ein spezifisches Verbot für Nazisymbole durchsetzen. Weil das viel schneller umsetzbar sei, als ein Verbot für einen ganzen Katalog an Symbolen. Doch die Mehrheit ihrer Kolleginnen und Kollegen war anderer Meinung.
SP-Ständerat und Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch erklärte, dass auch Nazisymbole nicht klar definierbar seien. So stehe die Nummer 18 für Adolf Hitler, weil die Eins den ersten Buchstaben im Alphabet symbolisiert und die Acht den Buchstaben H.: «Nicht jeder, der mit der Nummer 18 durch die Stadt läuft, ist eine Bedrohung. Wenn das aber ein rechtsradikaler Mob ist, der entsprechend aussieht, dann hat 18 eine Bedeutung.»
Deshalb müsse ein Verbotskatalog für extremistische oder rassistische Zeichen möglichst umfassend sein, so Jositsch. Mitte-Ständerätin Andrea Gmür möchte wie ihre Kollegin Binder die Nazisymbole möglichst rasch verbieten. Sie redete ihren Kollegen ins Gewissen: «Manchmal verstehe ich uns nicht. Es gibt dringenden und zwingenden Handlungsbedarf. Wir alle wissen, wie der Antisemitismus zugenommen hat – es muss jetzt vorwärtsgehen.»
Gmürs Appell war vergeblich. Eine Mehrheit im Ständerat will einen breit gefassten Verbotskatalog für Diskriminierung und Extremismus. Dieser Entscheid stösst bei Schweizer Jüdinnen und Juden auf Kritik. Damit werde das Problem auf die lange Bank geschoben, sagt der Generalsekretär des SIG, dem Dachverband der jüdischen Gemeinden.
Der Antisemitismus in diesem Land hat ein Mass erreicht, das wir so nicht kannten.
Der Verbotskatalog werde in endlosen Ratsdiskussionen versanden, so Jonathan Kreutner, wie bereits früher geschehen: «Schon in der Vergangenheit ist es daran gescheitert, dass man sich nicht auf einen Katalog einigen konnte.» Warum man diesen Fehler jetzt wieder mache, ist für Kreutner nicht nachvollziehbar.
Kritik von jüdischer Gemeinde
Er sei froh über jedes Verbot von diskriminierenden, rassistischen Symbolen, aber ein spezifisches Verbot der Nazisymbole sei aufgrund der Hamas-Angriffe dringend: «Der Antisemitismus in diesem Land hat ein Mass erreicht, das wir so nicht kannten. Deshalb wäre es ganz wichtig, dass die Zeichen, die dafür stehen, jetzt verboten werden.»
Auch der Dachverband der liberalen Juden der Schweiz fordert eine Fokussierung auf Nazisymbole. Der breiter gefasste Verbotskatalog geht nun in den Nationalrat.