Was ist passiert? Die Schweizer Luftwaffe hat am Mittwoch eine Sonderbewilligung des Bundesrates erhalten, um mit ihren Kampfjets auf einem kurzen Streckenabschnitt auf der Autobahn A1 im Kanton Waadt abheben und landen zu dürfen. Die Übung findet vom 4. bis 6. Juni 2024 statt. Während maximal 36 Stunden wird die betreffende Strecke zwischen Avenches und Payerne gesperrt sein.
Warum übt die Luftwaffe gerade jetzt? Die Sicherheitslage in Europa hat sich seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine massiv verändert. Die Luftwaffe besitzt nur noch drei Flugplätze, auf denen alle Kampfjets stationiert sind. Bei einem Angriff auf diese drei Flugplätze wäre der Schaden gross, sagt Luftwaffenchef Peter Merz. Daher müsse die Luftwaffe mehr Optionen haben.
Ist die Übung sinnvoll? Befände sich die Schweiz in einem Krieg, wäre es riskant, die gesamte Flugzeugflotte auf drei Flugplätze zu verteilen, erklärt SRF-Aviatikexperte Michael Weinmann. In diesem Fall brauche die Luftwaffe andere Start- und Landebahnen, um ihre Flugzeuge verschieben zu können. Das Problem: Es handle sich hierbei um Notpisten, bei denen die nötige Infrastruktur fehle. Man müsse nun üben, wie man solche Notpisten zu einem temporären Flugplatz umfunktionieren könne. Deshalb ist die Übung für Weinmann nachvollziehbar. Auch Hansjörg Bürgi, der seit über 40 Jahren als Luftfahrtjournalist tätig ist, findet das Vorhaben sinnvoll.
Warum könnte man Flugplätze nicht einfach künstlich verengen? SRF-Aviatikexperte Michael Weinmann weist darauf hin, dass es nicht bloss darum gehe, dass die Piloten auf der Autobahn landen könnten. Beübt werden vor allem die Bodentruppen, welche die Infrastruktur erstellen müssten. Es sei also hauptsächlich eine logistische Übung.
Wie schwierig ist es, auf der Autobahn zu landen? Luftfahrtexperte Bürgi hat als Chefredaktor des Schweizer Luftfahrtmagazins skynews.ch mehrere Gespräche mit Kampfjetpiloten geführt, die bereits auf Schweizer Autobahnen gelandet sind. «Es ist wie fliegen auf dem Trottoir», hätten sie ihm gesagt. Für die Piloten sei es eine ganz andere Herausforderung, so Bürgi. Der SRF-Luftfahrtexperte findet jedoch, von Militärpiloten könne man erwarten, dass sie auf einer Autobahn landen könnten.
Wie leicht kann man die Leitplanken abmontieren? Der Autobahnabschnitt ist laut Luftwaffenchef Merz so gebaut, dass die Mittelleitplanke entfernt werden kann. Die Luftwaffe habe die entsprechende Strecke zusammen mit dem Astra bereits besichtigt, wie Rolf Imoberdorf, Chef Arbeitsgruppe Dezentralisierung und Leiter der Autobahnübung, sagt. Sein Fazit: «Auf dem Teilstück, auf welchem wir es probiert haben, hat es problemlos funktioniert.» Aber auf der gesamten Länge könne es zu «Überraschungen» kommen, mutmasst Imoberdorf.
Welche Vorbereitungen braucht es? Das Entfernen der Leitplanken und Pfosten wird laut Luftwaffenchef Merz von einer Truppe des Flugplatzkommandos Payerne zusammen mit speziellem Fachpersonal des Bundesamts für Strassen (Astra) erledigt. Zudem müsste die Truppe auch die Strasse reinigen, weil die Triebwerke laut Merz die Partikel auf der Fahrbahn wie ein Staubsauger schluckt. Zudem müssten die Strassen rundum gesichert, Tankfahrzeuge und Flugzeugwarte zugeführt und eine Flugsicherung installiert werden.