Die Initiative: Die Juso der Stadt Luzern reichte im März 2023 eine Initiative ein, die einen Mindestlohn von 22 Franken brutto pro Stunde verlangt. Dies für alle Arbeitnehmenden, die auf dem Gebiet der Stadt Luzern eine Beschäftigung ausüben. Auch Ausnahmen wurden definiert: Unter anderem sind Praktika mit Ausbildungscharakter, Au-pair-Stellen und Ferienjobs für Schülerinnen und Schüler unter 18 Jahren ausgenommen. Die Stadtregierung empfahl die Initiative zur Ablehnung. Das Parlament jedoch nahm sie ganz knapp an.
Das gescheiterte Referendum: FDP, GLP, Mitte und SVP kündigten daraufhin ein Referendum an. Trotz Unterstützung von Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden gelang es den bürgerlichen Parteien nicht, die nötigen 800 Unterschriften zusammenzukriegen. «Natürlich ist es ein bisschen eine Schlappe», gibt Grossstadtrat Mike Hauser (FDP) zu. «Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Stadt Luzern wohnen selber gar nicht in der Stadt. Das wurde uns zum Verhängnis.»
Die Befürchtungen der Gegner: Die Bürgerlichen befürchten, dass mit der Einführung des Mindestlohns Gesamtarbeitsverträge (GAV) ausgehebelt werden könnten, wenn der darin festgelegte Lohn tiefer ist, als der neue Mindestlohn. Werden deshalb die GAVs ungültig, wären auch Ferien und Feiertage nicht mehr geregelt, so das Argument der Gegner. Zudem sind sie der Meinung, dass wegen der Kontrollen, die nötig würden, ein Bürokratiemonster gezüchtet werde.
Die Reaktion der Juso: Dass nun kein Abstimmungskampf folgt, sondern gleich die Umsetzung der Initiative, freut die Jungpartei. Insbesondere Familien mit Kindern sowie erwerbstätige Personen im Gastgewerbe, in Reinigungsdiensten und im Detailhandel seien von Tieflöhnen betroffen. In der Stadt Luzern betrifft das laut Juso rund 3000 Personen. Die Juso strebt nach mehr: «Aufgrund des offensichtlich sehr breiten Rückhalts in der Bevölkerung wollen wir jetzt die Lancierung einer Initiative in weiteren Gemeinden im Kanton Luzern prüfen», sagt der Luzerner Juso-Präsident Valentin Humbel.
Die Vorbilder Zürich und Winterthur: Die Stadt Luzern ist nach Zürich und Winterthur die dritte Gemeinde, die einen Mindestlohn einführt. Sowohl in Zürich als auch in Winterthur wollen die Gegner die Einführung per Gerichtsverfahren verhindern. Ob auch in Luzern der juristische Weg eingeschlagen wird, ist offen. Das Referendumskomitee will das Vorgehen besprechen. FDP-Grossstadtrat Mike Hauser schwebt eher der politische Weg vor: «Die Stadtregierung kann Ausnahmen bewilligen, so sieht es das Reglement vor. Wenn die Gültigkeit eines Gesamtarbeitsvertrages erhalten bleibt, dann hätten wir im Grundsatz kein Problem mit der Einführung des Mindestlohns.»
Die Umsetzung: Die Stadtregierung muss nun das Reglement ausarbeiten. Ab wann der Mindestlohn in der Stadt Luzern gilt, sei noch nicht klar, heisst es bei der Stadt. Die Juso hofft auf Anfang nächstes Jahr.