Darum gehts: Am 18. Juni stimmte die Zürcher und die Winterthurer Stimmbevölkerung über einen Mindestlohn ab. In Zürich sagten rund 70 Prozent Ja zu einem Mindeststundenlohn von 23 Franken 90. In Winterthur stimmten fast 65 Prozent für einen Stundenlohn von mindestens 23 Franken. Beide Städte wollten den Mindestlohn für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einführen, die in den Städten selbst arbeiten. Auf städtischer Ebene wäre ein Mindestlohn ein Novum. Bis jetzt haben nur wenige Kantone einen Mindestlohn eingeführt, zum Beispiel Basel-Stadt oder Genf.
Gewerbeverbände kündigten bereits am Tag der Abstimmung an, dass sie juristisch gegen die Einführung eines Mindestlohns vorgehen wollen. Dieses Vorhaben haben sie nun umgesetzt. In Winterthur ist ein Rekurs, in Zürich sind zwei eingegangen.
So begründen die Arbeitgeberverbände ihre Rekurse: Sie möchten es gerne juristisch überprüft haben, sagt Nicole Barandun, Präsidentin des Gewerbeverbandes der Stadt Zürich. «Wir kennen Mindestlöhne in Gesamtarbeitsverträgen und auf kantonaler Ebene, wir stellen einfach die Frage in den Raum, ob wirklich auch Gemeinden Mindestlöhne erlassen dürfen.» Wenn schliesslich jede Gemeinde einen eigenen Mindestlohn habe, führe das zu absurden Situationen. Eine Missachtung des Volkswillens sei das nicht: «Es gibt einerseits den demokratischen Entscheid und andererseits die Rechtsordnung. Man kann nicht über alles einfach abstimmen, und wenn dann die Mehrheit Ja sagt, werden Gesetze missachtet.»
Das sagen die Städte Zürich und Winterthur: In beiden Städten verzögert sich die Einführung des Mindestlohns. «Wie lange das dauert, können wir heute nicht abschätzen», sagt Katharina Rüegg, Sprecherin des Departements Soziales in Winterthur. Auch wenn der Entscheid des Stimmvolks sehr klar gewesen sei, hätten die Rekurrenten natürlich das Recht, diesen Entscheid anzufechten. «Wir gehen aber davon aus, dass ein kommunaler Mindestlohn eingeführt werden kann in Winterthur.» Ein Gutachten stütze diese Ansicht. Voraussetzung sei, dass der Mindestlohn die Armut bekämpfe und dass er nicht zu hoch sei.
So geht es weiter: In beiden Städten sollen trotz der Rekurse die Vorbereitungen für die Einführung des Mindestlohns weiterlaufen. «Die Stadt Zürich legt die genauen Details der Verordnung jetzt fest», sagt die Sprecherin des Stadtzürcher Sozialdepartements, Heike Isselhorst. Wenn der Mindestlohn dereinst eingeführt werden könne, werde die Stadt dies mindestens ein halbes Jahr vor der Einführung bekannt geben. «Damit sich die Arbeitgeber gut darauf vorbereiten können», so Isselhorst. Dies dürfte jedoch nicht so schnell der Fall sein. Über die Rekurse entscheidet zunächst der Bezirksrat. Der Entscheid kann danach ans Verwaltungsgericht und anschliessend auch noch ans Bundesgericht weitergezogen werden.